piwik no script img

Kommentar Warum die Rote Flora noch immer für eine Strafverschärfung gut ist

Diesmal hat sich Richter Ronald Schill keine Ohrfeige eingefangen. Sein Urteil ist zwar einkassiert worden. Von 15 Monaten Gefängnis blieb eine viermonatige Bewährungsstrafe übrig. Milde im Vergleich zum ursprünglichen Strafmaß. Aber eben auch nur gemessen an der Rechtsprechung von Amtsrichter Schill. Legt man zugrunde, was Andreas B. vorgeworfen wird, ist auch dieses Urteil politisch motiviert und im schillschen Sinne „gnadenlos“.

Zwar war das Landgericht bemüht, sich von dem zweifelhaften Amtsrichter abzugrenzen. Der Staatsanwalt bescheinigte ihm, er könne mit der amtlich verliehenen Macht nicht verantwortlich umgehen. Und der Richter behauptete, man würde nicht über die 1. Instanz verhandeln, sondern einen neuen Prozess führen. Doch auch sie wollen Andreas B. dazu erziehen, zu akzeptieren, dass rund um die Flora „kein rechtsfreier Raum“ existiere.

Beobachtet man die Polizis-tInnen, die nach klischeehaften Vorstellungen Menschen das Betreten eines Stadtteiles verbieten, kann man daran seine Zweifel haben. Andreas B. jedenfalls soll den rechtsfreien Raum dadurch geschaffen haben, dass er einem Polizisten mitteilte: „Jetzt ist hier Schluss“. Eine alltägliche Situation für BeamtInnen, wenn sie etwa zu einer Schlägerei gerufen werden und hören, man regele das alleine. Gehört jemand der Roten Flora an, ist indes der Rechtsstaat in Gefahr.

Die politische Gesinnung, so der Richter, darf nicht strafmildernd berücksichtigt werden. Strafschärfend offenbar schon.

Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen