Nie wieder Diepgen (des Tages)

Der erste und der letzte Diepgen des Tages ist der Namensgeber selbst. Es geht nicht anders. Eberhard Diepgen ist der schlichteste öffentliche Berliner. Angesichts der lokalen Konkurrenz ist das ein echtes Kunststück.

Diepgen ist ein schwerer Fall von Banalitis. Diese Krankheit teilt er mit vielen Berlinern. Diepgens Bedürfnis allerdings, seine Beschränktheit jedermann aufzudrängen, hat das Stadium der Selbstbezichtigung verlassen und ist aggressiv geworden. Vor wenigen Jahren noch machte er sich zum Vollhorst, indem er sich einen Indianerschmuck auf den Kösel setzte und sich als „Häuptling Brauner Bär“ in der Stadt plakatieren ließ. Diepgen-taugliche Berliner mögen so etwas und werden von ihrem CDU-Mann treu und verlässlich bedient. Als „Diepgen rennt“ präsentierte er sich peinlich plagiatorisch, sein Wahlkampfbus heißt „Ebimobil“ – ganz ernst, als ob das komisch wär. Für etwas naivere Leute, die einen Regierenden Bürgermeister gerne ernst nähmen, muss Diepgen ein echter Grund zum Verzweifeln sein.

Heute um 13 Uhr erreicht Diepgen den Höhepunkt seines politischen Wirkens. Der Mann eröffnet die 1.000. Mc-Donald's-Filiale Deutschlands. Zu Gunsten der Stinkelettenkette wird er in ein McD-Produkt beißen, das ihm auch schmecken wird. Dann wird Diepgen ein bisschen reden, das Zauberwort „Arbeitsplätze“ wird fallen, was nicht unulkig ist – schließlich ist die Firmenphilosophie von Mc Donald's die Verneinung des Arbeitsrechts.

Noch peinlicher als Diepgens Auftritt im Park-Center Treptow, wo Zoni-Berliner die Freiheit zum Fraß so unappetitlich feiern werden, wie man es von ihnen seit zehn Jahren kennt, sind die Begleitumstände dieses Happenings mit Eventcharakter. Ursprünglich war Bundeskanzler Gerhard Schröder eingeladen, öffentliches Getöse für die Fritteusenfittis zu veranstalten. Doch selbst der Medienzombie Schröder, der sein Gesicht in jede Kamera hineinsteckt, die ihm irgend jemand vor die Nase hält, wollte nicht. So schlug die Stunde des gelernten Lückenbüßers Eberhard Diepgen. Er darf sich rühmen, das Bratfett gelutscht zu haben, das sogar Gerhard Schröder verschmähte.

Wie könnte man erwirken, von Eberhard Diepgen nicht länger belästigt werden zu müssen? Die PDS, das peinliche deutsche Sammelbecken, das im Ringen um die sinnloseste politische Existenz längst ganz vorne mitspielt, könnte einmal zu etwas nütze sein. Die Einladung, bei der PDS eine Heimat zu finden, ist eine Art politischer Totschlag; wenn der bernhardinerbiedere Lothar Bisky schleimig die Hand ausstreckt wie zuletzt nach Lafontaine, ist das ein Indiz für den nahenden politischen Exitus. Möge also die PDS Diepgen umgarnen und umgeiern – die beiden passen viel besser zueinander, als sie je zugeben würden. Ihr Wahlpublikum jedenfalls ist, was den Wunsch nach autoritär betütteltem Dummseindürfen angeht, identisch. Und welches Etikett auf einem Mann ohne Eigenschaften klebt, ist unerheblich. Molly Bluhm