: Herdplatte oder heißes Fett
■ McDonaghs „Schönheitskönigin von Leenane“ in der Basilika
Wenn es in Strömen regnet, macht man es sich drinnen am besten ganz gemütlich. Oder aber man macht sich und den anderen Personen im Haus das Leben zur Qual. Eine Spezialität, in der Maureen, 40, und Mag, 70, jahrzehntelange Übung haben. Schließlich regnet es in Leenane, einem von Ödnis befallenen Nest in Galway/Irland, ziemlich häufig. Routinemäßig schüren Mutter und Tochter das Feuer der häuslichen Hölle und verbringen so ihre trostlosen Tage mit Hühner füttern und Porridge essen – bis ein Mann diese ländliche Idylle stört.
In Die Schönheitskönigin von Leenane beschreibt der britische Erfolgsautor Martin McDonagh einen klassischen Mutter-Tochter-Konflikt, der im Theater in der Basilika mit Ingeborg Kallweit und Iris Radunz in den Hauptrollen eine sehr gelungene Umsetzung findet. In der weitgehend dem starken Text vertrauenden Regie von Kai-Uwe Holsten gibt Kallweit überzeugend eine tyrannische Alte, die unter dem Deckmantel der Senilität ihre alles erstickenden Fänge nach der Tochter ausstreckt. Doch Maureen kommt bei der energischen Radunz nicht als verhärmte Jungfer daher, die sich kampflos unterkriegen lässt: Heimtückisch stopft sie ihre Mutter mit ekligen Keksen voll, und der bereitete Brei hat immer Klumpen.
In diese hermetisch abgeriegelte Psychopathologie gerät nach 20-jähriger Abstinenz Mareens Jugendfreund Pato Dooley – ein einfacher Mann der Sorte „ehrliche Haut“, den Bruno Bachem glaubhaft spielt. Ihm ist es durchaus ernst mit Maureen, doch da kennt er ihre Mutter schlecht. Zwanghaft vernichtet Mag Nachrichten und Briefe, die Patos Bruder Ray (Jost Wiegand) überbringt. Sie lügt skrupellos und ergeht sich in grenzenlosem erpresserischen Despotismus.
Je näher der Eklat rückt, des-to besser spielen Kallweit und Radunz. Voller Hass auf die Abhängigkeit voneinander und die Unauflösbarkeit ihrer Bande offenbaren sie einen Wahnsinn, der nur im Zusammenleben entstehen kann: Mag gießt ihren Nachttopf ins Waschbecken ohne nachzuspülen und redet liebend gern von Maureens Aufenthalt in der Klapse. Maureen hat eher ein Faible fürs physische Strafen: Auf Lügen steht Handversengen wahlweise auf der Herdplatte oder mit heißem Fett.
Die Inszenierung wird dem Stück in seiner Unheimlichkeit und Brillanz mehr als gerecht, die schauspielerische Leistung ist bemerkenswert. Lediglich die Übersetzung mutet teilweise etwas befremdlich an. Liv Heidbüchel
noch bis zum 7. November, täglich außer montags, 20 Uhr, sonntags 19 Uhr, Theater in der Basilika
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