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Letztes Aufbegehren gegen Linie 4

■ Gestern demonstrierten zwischen 40 und 120 Anwohner der Lilienthaler Heerstraße gegen den Weiterbau der Linie 4 an die Landesgrenze / Beirat Horn/Lehe entscheidet am Donnerstag

Gestern morgen um 7 Uhr auf der Lilienthaler Heerstraße: Stau. Der Grund: Unangemeldeter Bürgerprotest. Gegen den Weiterbau der Straßenbahnlinie 4 bis an die Landesgrenze protestierten zwischen 40 und 120 Anwohner – die Angaben schwankten. „Wir sind nicht einfach gegen den Bau der Linie 4“, sagt Peter Aschemeier von der neuen Initiative, die eigentlich gar keine Bürgerinitiative sein will, „wir sind für den Bau einer Entlastungstrasse durch das Hollerland“. Das könne man auch ökologisch vertreten, weil die „Wiesen sauer“ seien und in der Hollerland-Erde eigentlich „alles kaputt“.

Seit drei Wochen liegen im Ortsamt Horn/Lehe die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens aus, so dass jetzt jeder Anwohner überprüfen kann, inwieweit der eigene Vorgarten betroffen sein könnte. Auch mögliche Enteignungen für geplante Haltebuchten sind jetzt absehbar. Vor einer Woche schließlich, so berichtet Aschemeier, hätten sich 120 Menschen jeglicher politischer Couleur im Gasthaus „Deutsche Eiche“ getroffen und beschlossen: „Die Planungen lassen wir uns so nicht gefallen“. Und so wurde gestern morgen provoziert, wovor die Anwohner angeblich Angst haben: Verstopfung auf dem Langen Jammer. Stehende Abgas-Luft, Lärm und das unausweichliche Ausweichen der Autofahrer in die sonst ruhigen Nebenstraßen.

Der Zeitpunkt für den Protest ist wohlgewählt. Am Donnerstag Abend nämlich, 19.30 Uhr, muss der Beirat Horn/Lehe darüber befinden, was er vom 2. Bauabschnitt der Linie 4 so hält. Als Träger öffentlicher Belange soll das beratende Gremium sein Votum abgeben. SPD und Grüne, zusammen sieben Sitze, sind für den Weiterbau der Strecke (die Grünen wollen zusätzlich einige Nachbesserungen). Die CDU hingegen, ebenfalls sieben Sitze, wird gegen die Planung stimmen. Das Zünglein an der Waage ist der F.D.P.-Beirat Herbert Paul – und der hat seinen Namen unter den Antrag der CDU gesetzt, wonach „die vorgelegte Planung ... aus verkehrspolitischer Verantwortung heraus im Interesse der in seinem Verantwortungsbereich lebenden Mensche ab(gelehnt)“ werde.

Im 2. Bauabschnitt soll die Straßenbahnlinie 4 bis Lilienthal weitergeführt und damit die Fahrbahnbreite für Autos eingeschränkt werden. Die Straße, so ist es im Koalitionsvertrag festgeschrieben, soll breit genug sein, dass ein LKW und ein PKW nebeneinander fahren können. Erst wenn die Straßenbahn fährt, soll geprüft werden ob eine neue Straße nach Lilienthal erforderlich ist.

Die SPD-Beirätin Elisabeth Finckh sagt, sie sei „inzwischen ein bischen stur geworden“ was die Proteste gegen den Straßenbahn-Ausbau anbelangt. Zum einen könne dem Bund (der ein Großteil des Projektes als vorbldliche Vernetzung von zwei Bundesländern mitfinanziert) kaum klar gemacht werden, warum der zweite Teil der Linie 4 jetzt nicht mehr gebaut werden solle. Außerdem würden tausende von Anwohnern Vorteile haben, wenn die Straßenbahn ersteinmal fährt. „Da lasse ich mich nicht von 80 Leuten beeindrucken“.

Im Ortsamt geht man jetzt von einer lebhaften Sitzung am Donnerstag abend aus. Andererseits: Seit drei Wochen lägen die Pläne jetzt zur Besichtigung aus, doch bislang sei kein einziger schriftlicher Einwand gegen die Planung eingegangen. Das, so heißt es im Ortsamt, sei eher ungewöhnlich und ein Zeichen geringen Widerstandes. cd

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