: 80 Zentimeter, die die Stadt bewegen
■ CDU: SPD hält sich bei der Linie 4 nicht an die Vereinbarungen
80 Zentimeter trennen die CDU von der SPD. 80 Zentimeter Lilienthaler Heerstraße – nicht in der Länge, sondern in der Breite. Ein knapper Meter, der den Garaus für so manchen Anwohner-Vorgarten bedeuten könnte. Die CDU sagt: Wenn die Straße in Zukunft die Straßenbahnlinie 4 aufnehmen soll, dann müssen rechts und links 5,80 Meter Platz für LKW und Autos bleiben. Die SPD aber sagt, fünf Meter seien genug.
Die CDU stellte sich gestern in Gestalt ihres baupolitischen Sprechers Helmut Pflugrad in die Bürgerschaft und verkündete: Bausenatorin Tine Wischer (SPD) halte die Koalitionsvereinbarungen nicht ein, wenn eine schmale fünf Meter-Straße geplant würden. Hoppla. Ausserdem müsse jetzt geprüft werden, ob eine Entlastungsstraße durch das Hollerland nötig sei. Die Anwohner würden „vergackeiert“ – insofern habe er auch Verständnis für die Demonstration für eine Hollerland-Trasse, die am Montag Morgen für einen kilometerlangen Stau auf der Lilienthaler Heerstraße gesorgt hatte (siehe taz von gestern). Die Differenzen zwischen CDU auf der einen und SPD und Bauressort auf der anderen Seite dürften nicht unter den Tisch gekehrt werden. „Meinetwegen könne wir schon morgen anfangen zu bauen – wenn die 5,80 gewährleistet sind“.
Bausenatorin Wischer schoss zurück: Von einer Nichteinhaltung des Koalitionsvertrags könne keine Rede sein. Kein Geheimnis sei, dass mit ihr eine Entlastungsstraße durchs Hollerland nicht zu machen sei. Doch die Frage stelle sich ohnehin erst, wenn die Lilienthaler Heerstraße umgebaut sei und die Linie 4 in ihrem neuen Bette läge. Denn laut Koalitionsvertrag muss dann erst geprüft werden, ob dem Verkehr durch die neue Straßenbahn tatsächlich der Kollaps drohe.
Im Koalitionsvertrag steht, dass auf der Straße ein LKW und ein PKW nebeneinander fahren können müssen. Das hatte die CDU in den Vertrag hineinverhandelt, um einen Faustpfand für spätere Zeiten in der Hand zu haben.
„So ist das in der großen Koalition: Man freut sich immer zu früh“, höhnte der grüne Dieter Mützelburg, der den Streit in der Bürgerschaft mit einem Antrag überhaupt erst initiiert hatte. Wenn sich die CDU auf eine Fahrbahnbreite von 5,80 festlege, seien das „Bedingungen, die einfach nicht zu erfüllen sind.“ Ein Genie sei, wer eine so breite Fahrbahn plus Straßenbahn-Gleise planen könne, ohne die Bäume in der Fahrbahnmitte und die Vorgärten der Anwohner plattzumachen. cd
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