: Querspalte
■ Liebling Lummer
Die Buchmesse hat ihre Tore geschlossen. Hunderttausende von Büchern wandern jetzt auf den Markt. Jeder Schreiberdeckel hat seinen Verlegertopf gefunden. Selbst der gröbste Reimschmied. Nur einer nicht: Heinrich Lummer. Er hat ein Büchlein im Selbstverlag herausgeben müssen: „Das Rote Quartett zerbricht“. Nicht einmal Econ wollte es verlegen, und die machen sonst alles. In handgeschnitzter Eigenreklame bietet Lummer seinen „Polit-Krimi“ in Zeitungsannoncen an. Kleine Männer müssen laut schreien und auf Stelzen gehen, um aufzufallen. Lummers Stelzen heißen „Sensation“ und „Schock“.
Tatsächlich sitzt der Schock tief: „Ein neues Buch schockt Rot-Grün. Heinrich Lummer, konservativer Polit-Profi, schrieb dieses Buch. Stark bebildert. Kartoniert. Gelackt.“ Der Polit-Profi schrieb gelackt, ja kartoniert? Kein Econ-Klappentextdichter hätte es schöner sagen können. Und Heinrich aus dem Karton kann formulieren – mit starken Bildern: „Deutschlands Zahlmeisterrolle in Europa steigt ins Uferlose.“ Wie steigt eigentlich eine Rolle? Ins Uferlose? „Dabei wollte Schröder sich an den Arbeitslosenzahlen messen lassen. Der Autofahrer mehr und mehr die Milchkuh der Nation.“ Fehlt da nicht ein Tuwort?
Für 39,50 DM bietet das „sehr gut lesbare“ Buch „Fakten, Fakten. Schockierende Fakten“, markwortet Lummer: „Fakten, die in Deutschland nicht gedruckt werden.“ Die nur ein „Rechter“ kennt, der „nie Liebling der Medien“ war. Das ist doch glatt gelogen. Heinrich, für deine Bücher lieben wir dich doch alle. Michael Ringel
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