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Ein Zeremoniell der besonderen Art

Ein Staatsbesuch ganz nach Jiang Zemins Geschmack: In Frankreich musste er sich weder über kritische Reporterfragen noch über Demonstranten ärgern  ■   Aus Paris Dorothea Hahn

Pressekonferenzen im Elysée-Palast in Paris folgen immer einem besonderen Zeremoniell. Doch die von gestern übertraf alle. Für seine erste Direktkonfrontation mit der Presse außerhalb Chinas hatte Staatsgast Jiang Zemin verlangt, dass alle Fragen zuvor abgestimmt und alle Antworten schriftlich vorgelegt würden.

Da dem obersten Repräsentanten des volkreichsten Landes und größten Marktes der Welt in Frankreich kein Wunsch ausgeschlagen wird, geschah es genau wie gewünscht. Und die Veranstaltung unter den Kassettendecken des Palastes bekam prompt Züge des surrealistischen Theaters. Dennoch verhielt sich Jiang Zemin keinesfalls so, wie es von einem Gast zu erwarten gewesen wäre: Er verbat sich jede Form von Einmischung in innere chinesische Verhältnisse. Er vertrat die These, dass es ein „asiatisches Konzept von Menschenrechten“ gebe. Und er wiederholte seine Formel, dass die Probleme der Menschenrechte eines jeden Landes von dessen eigener Regierung in völliger Unabhängigkeit zu lösen seien. Als ferne Hintergrundmusik wurden fast gleichzeitig in der chinesischen Stadt Hongzhou vier Oppositionellen ein Prozess im Eilverfahren gemacht und in Peking Dutzende Mitglieder der Sekte Falun Gong verhaftet.

Der Staats-, Partei- und Armeechef Jiang Zemin hat so gleich eine ganze Serie von Affronts losgelassen und zugleich den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, der ihn mit dem größten Pomp empfing, den er je einem Staatsbesucher gewährt hat, desavouiert. Denn Chirac, der Jiang Zemin am Wochenende auf seinem Privatschloss in der zentralfranzösischen Region Corrèze empfangen und während dessen Besuchs über 15 Stunden mit ihm verbracht hat, wollte Jiang eigentlich auch seine Vorstellungen von Menschenrechten näherbringen. Und wollte unter anderem auf mehrere politische Gefangene hinweisen, deren Schicksal in Frankreich besonderes Aufsehen erregt.

Die wenigen hundert DemonstrantInnen, die den Frankreich-Besuch Jiang Zemins, der am Samstag begann und heute zu Ende geht, an verschiedenen Orten des Landes begleiteten, fanden sich somit in ihren Einwänden gegen den unfeinen Gast bestätigt. An einer der Demonstrationen in Paris beteiligten sich auch ein hoher konservativer Politiker, Alain Madelin, und der sozialistische Politiker Jack Lang. Doch die Parolen der Demonstranten, zumal die Redebeiträge des chinesischen Dissidenten Wei Jing Sheng, der das ganze Wochenende über mit einem Megafon durch Frankreich reiste, gelangten in keinem Fall an die Ohren der offiziellen Delegation. In Lyon setzte die Polizei sogar Sirenen ein, um die Slogans zu übertönen.

Unter kommerziellen Gesichtspunkten hingegen war der Besuch ein voller Erfolg. Der Gast sagte den Kauf von 28 Airbussen zu und reagierte stets lächelnd, wenn Chirac ihm die Hand tätschelte und „Peking – Shanghai“ sagte – was bedeuten sollte: „Kauft unseren TGV für die Strecke.“

Auch weltpolitisch zeigten sich Jiang Zemin und Jacques Chirac mit ihrem Treffen zufrieden. Den USA, deren neues Anti-Raketen-System und deren Nicht-Unterschrift unter den Atomteststoppvertrag sie heftig kritisierten, haben sie eine Harke gezeigt.

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