■ Kommentar
: Lasch, aber alternativlos  Der Bonner Klimagipfel in den Zeiten der Realpolitik

Elf Tage Klimakonferenz, diesmal in Bonn – wieder ein Anlass für das alte Duett zwischen „Die labern ja nur“ und „Wir Politiker tun alles in unserer Macht stehende für die kommenden Generationen“. Bei diesem Rio-Nachfolgegipfel geht es um die technischen Details, dramatische Auftritte werden nicht geboten. Es geht jedoch bei den Klimaverhandlungen nun einmal auch um das Kleingedruckte. Die Ölexportländer und die USA wollen möglichst viele Schlupflöcher in die Vereinbarungen hineinverhandeln. Die US-Regierung sieht vor der Präsidentenwahl Ende 2000 selbst für ein Minimal-Abkommen keine Chance. Der Kongress würde das niemals ratifizieren.

Die US-Bürger verursachen etwa ein Drittel des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen – mit stark steigender Tendenz. Sie wollen sich ihr Recht auf Verschwendung auch nicht in Ansätzen nehmen lassen. Mit Einschränkungen gilt das auch für die anderen Industrieländer. Und die ärmeren Länder sehen ihr Heil in einer Entwicklung nach westlichem Vorbild. Umweltschützer beklagen mit Recht, dass so der Treibhauseffekt immer weiter angeheizt wird. Zum Vergleich: Wissenschaftler schätzen, dass der Ausstoß an Kohlendioxid in den Industrieländern um etwa drei Viertel reduziert werden müsste, nur um den weltweiten Status quo zu halten.

Angesichts dessen wirkt das kleinliche Feilschen auf den Weltklimakonferenzen für viele lächerlich. Aber soll deshalb zum Beispiel die EU mit theatralischer Geste die Verhandlungen platzen lassen und alleine mit gutem Beispiel vorangehen? Das würde auch nichts bringen – schon weil sich die einzelnen Länder dann nicht mehr hinter den USA verstecken könnten und kleinlaut eingestehen müssten, dass sich bei ihnen zu Hause harsche Energiesparmaßnahmen und eine Veränderung der verschwenderischen Wirtschaftsweise ebenfalls nicht durchsetzen lassen. In Zeiten globalen Wettkampfes will die Industrie sich keinerlei Beschränkungen unterwerfen – schon aus Prinzip nicht und selbst wenn eine höhere Energieeffizienz eigentlich gut für die Wettbewerbsfähigkeit wäre.

Also bleibt nur Weitermachen. Immerhin wird so über eine gute Sache nachgedacht und geredet. Und ein paar Prozent weniger Treibhausgase sind besser als nichts. Es sind eben arg realpolitische Zeiten. Reiner Metzger