: Mit Arbeit raus aus dem Teufelskreis
■ Schleswig-Holsteins Innenminister Wienholtz fordert Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge
Ohne Arbeitserlaubnis kein Job, ohne Job kein Geld und ohne Geld kein Bleiberecht in Deutschland: „Teufelskreis“ nennt Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) das Gesetzeswerk, das Flüchtlingen in Deutschland die Erwerbsarbeit untersagt. Gestern forderte er von der Bundesregierung, das Arbeitsverbot für AusländerInnen aufzuheben. Ende September hat er bereits einen entsprechenden Brief an Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) aufgesetzt und Kontakt zu den Arbeitsämtern aufgenommen.
Wienholtz mahnte bei der Bundesregierung an, den „Stillstand in der Asyl- und Ausländerpolitik zu überwinden“. Nicht zum ersten Mal hat das nördlichste Bundesland Initiativen gestartet, auf die man beim Hamburger rot-grünen Senat vergeblich wartet.
Wienholtz hatte schon im Jahre 1997 in den Bundesrat den Vorschlag eingebracht, nach einer „Härtefallklausel“ abgelehnten Asylsuchenden den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, wenn „humanitäre Gründe“ das gebieten. Auch hat er in Schleswig-Holstein einen Abschiebestopp für Flüchtlinge erlassen, die sich schon seit Jahren legal hier aufhalten und unter die „Altfallregelung“ fallen könnten. Diese wird im November auf der Tagesordnung der Innenminister von Bund und Ländern stehen. Die Hamburger Regierungspartner haben für solche Fälle nur eine „Einzelfallprüfung“ verabredet.
Das Arbeitsverbot für Flüchtlinge geht zurück auf einen Erlass des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm (CDU) aus dem Jahr 1997. Zuvor konnten AusländerInnen zumindest im Einzelfall Arbeitserlaubnisse bekommen – wenn kein Deutscher und kein anderer EU-Bürger den Job will. Für alle, die seit Mai 1997 eingereist sind, gilt ein generelles Verbot. Auch Wienholtz will Flüchtlingen eine Stelle nur zubilligen, wenn weder Deutsche noch andere EU-Bürger sich darum bewerben. Dann würden nicht nur die Flüchtlinge selbst, sondern auch der öffentliche Haushalt davon profitieren, sagte er. Ihr Lohn könnte auf die Sozialhilfe angerechnet werden.
Dem vielbemühten Argument, die Arbeitslosigkeit unter Deutschen sei groß und werde durch die Arbeitsaufnahme von AusländerInnen noch vermehrt, schob Wienholtz einen Riegel vor: „Es gibt nur wenige Bereiche, in denen Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge arbeiten wollen und können“, sagte er und nannte die Gastronomie als Beispiel. Schließlich kämen überwiegend Jobs in Betracht, für die keine Qualifikation erforderlich ist – und die entsprechend gering entlohnt werden.
Der Hamburger GAL-Fraktionsvize Martin Schmidt kündigte an, „von hier aus alles zu tun, um die Initative aus Schleswig-Holstein zu unterstützen“. Dafür wird die GAL zunächst mit dem Koalitionspartner ringen müssen. Die von SPD-Senator Hartmuth Wrocklage geleitete Innenbehörde beharrt nämlich darauf, dass hiesige Arbeitsplätze Deutschen vorbehalten bleiben sollen. Man fände Wienholtz' Vorstoß zwar „interessant“, so Sprecher Christoph Holstein, befürchte jedoch „eine Verdrängung auf dem Arbeitsmarkt“. Denn Flüchtlinge würden für Arbeitgeber als billige und dadurch attraktive Arbeitskräfte gelten.
Der Regenbogen-Abgeordneten Susanne Uhl geht der Vorstoß aus Schleswig-Holstein hingegen nicht weit genug. Was Wienholtz fordere, sei nicht mehr als ein „klitzekleiner Schritt“ und von „wirklicher Gleichberechtigung für Flüchtlinge weit entfernt“. Beachtlich sei jedoch, dass der Innenminister das Thema überhaupt besetze und auf die Diskriminierung Nichtdeutscher hinweise. Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen