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■ Die Chronik des Skandals um Polizeidirektor Otto Dreksler
20. März 1998: Beim Innensenator, Polizeipräsidenten, Gesamtpersonalrat der Polizei und BZ geht ein anonymes Schreiben ein: Polizeidirektor Otto Dreksler wird bezichtigt, seit drei Jahren Führungskader der Scientologen zu sein. Dreksler habe einen Polizeikollegen bei Scientologie getroffen und diesen unter Druck gesetzt, nichts zu sagen.
27. März 1998: Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), das inzwischen seine Quelle „Junior“ angezapft hat, schreibt an den Polizeipräsidenten Saberschinsky: „Die Quelle konnte ... die abgebildete Person nicht mit Sicherheit als Otto D. identifizieren. Das LfV geht dennoch davon aus, dass Herr Polizeidirektor Otto D. SO-Mitglied ist“. Am selben Tag leitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Dreksler wegen des Verdachts der Nötigung ein.
31. März 1998: Der Verfassungsschutz stellt ein einzeiliges Behördenzeugnis aus, in dem es heißt: Dreksler „ist“ Mitglied der Scientologen. Dienst- und Wohnräume von Dreksler werden ohne Ergebnis durchsucht.
7. April 1998: Dreksler wird seines Postens als Leiter des Lagezentrums entbunden und per Sonderauftrag kalt gestellt.
14. April 1998: In einem internen Vermerk des LfV heißt es, dass die Quelle nicht in der Lage war, den Namen der abgebildeten Person zu nennen. Ob es sich um Otto D. handeln könne, wusste die Quelle nicht. Nach längerer Überlegung sagte sie: Kann sein.
16. April bis 26. Mai 1998: Der Verfassungsschutz versucht einen Scientologen als V-Mann zu dingen, um das Behördenzeugnis „mit einem zweiten Standbein“ abzusichern. Der Anwerbeversuch schlägt fehl. 5.000 Mark sind futsch.
8. Mai 1998: Vermerk des LfV nach einer Befragung von Oberstaatsanwalt Heinke: Heinke vertrat „die Auffassung, dass die ... Aussagen unseres VM (gemeint ist „Junior“; d. Red) ohne Wert seien ... da das Amt den VM beeinflusst und ihm entsprechende Antworten suggeriert“ habe. Allerdings könne der V-Mann nun wohl „keinen Rückzieher“ mehr machen. Dies gelte inzwischen auch für das LfV und die beteiligten Beamten, die schließlich auch etwas zu verlieren hätten.
15. Mai 1998: Der Innensenator entbindet Dreksler von seinen sämtlichen Lehraufträgen.
17. Juni 1998: Heinke stellt das Ermittlungsverfahren ein.
20. Juli 1998: Staatssekretär Böse ersucht die Staatsanwaltschaft um die Wiederaufnhame von Emittlungen gegen Dreksler wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz. Die Bitte wird abgelehnt.
21. Juli 1998: Dreksler wird rehabilitiert und befördert.
22. Juli 1998: Dreksler wird wieder observiert, angeblich konnte die Operation nicht mehr gestoppt werden. plu Foto: Rolf Zöllner
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