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Eltern ohne Ahnung

■ Drogenabhängige Jugendliche immer jünger und unauffälliger. Ursache unklar

Drogenabhängige Jugendliche werden nach Ansicht mehrerer Experten immer angepasster und stiller. Die Jugendlichen fielen immer weniger durch eine Protesthaltung auf und konsumierten ihre Drogen zunehmend nicht mehr auf der Straße, sondern im privaten Raum, erklärten mehrere Experten aus verschiedenen Hilfseinrichtungen und Jugendämtern gestern bei einer Diskussionsrunde.

Etliche Jugendliche lebten weiter in ihren Familien, es handele sich nicht mehr mehrheitlich um Straßenkinder. Die Eltern seien vielfach überfordert oder bemerkten den Drogenkonsum nicht einmal. Die Konsumenten würden auch immer jünger. „Neunjährige sind bei uns keine Seltenheit mehr“, sagte der Drogenreferent des Bezirks Hellersdorf.

Den Anstoß zu der Debatte hatte das nach eigenen Angaben bundesweit einmalige Hilfsprojekt „Zwischenland“ gegeben, eine Einrichtung, die drogenabhängige Jugendliche für eine kurze Zeit aufnimmt und zu Entzug, Therapie und Zukunftsgestaltung motivieren will. Nach einem Jahr zog das Projekt eine erste Bilanz. „Wir sind alle erschrocken, wie heftig der Drogenkonsum ist und wie unauffällig die Jugendlichen sind. 95 Prozent unser Klienten würde niemand als drogenabhängig erkennen“, sagte die Leiterin der Einrichtung, Birgit Kohlhofer.

Die Jugendlichen konsumierten in den meisten Fällen unterschiedliche Drogen gleichzeitig. Sie kämen zum Teil aus ganz „normalen“ Familien, allerdings sei häufig ein Elternteil suchtkrank, oft alkoholabhängig.

Die Ursachen für diese Entwicklung sind nach Ansicht der Experten weitgehend unerforscht. Die Runde forderte konsequente Untersuchungen und kritisierte das Fehlen von landesweit erhobenen Daten und Zahlen. Gleichzeitig kritisierten die Experten, dass es immer noch an jugendgerechten Drogenhilfeeinrichtungen mangele. So gibt es in Berlin beispielsweise keine Entgiftungsbetten für Jugendliche. dpa

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