: Aus England frisch auf den Tisch
Britisches Rindfleisch soll wieder auf den Markt: Senat hält sich beim Protest zurück, und Fleischer fürchten die Folgen für den Absatz ■ Von Peter Ahrens
Kommt das Rindfleisch auf dem Teller aus England oder aus Dithmarschen? Eine Frage, die sich verunsicherte HamburgerInnen künftig stellen könnten. Dann nämlich, wenn das Einfuhrverbot fürs Brit-Fleisch tatsächlich aufgehoben wird und nicht gekennzeichnet werden muss, woher das Fleisch kommt. Ob Fleischer oder Verbraucherschützer: bei dem Gedanken daran vergeht den Beteiligten der Appetit. Während andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein klipp und klar ein Beibehalten des Importstopps zugunsten des Verbraucherschutzes fordern, hält sich Hamburg spürbar zurück.
Zwar hat sich der Senat eindeutig für eine Kennzeichnungspflicht ausgesprochen. So weit wie andere Länder, die für den Importstopp auch EU-Strafen in Kauf nehmen wollen, geht Hamburg aber nicht. „Wir möchten uns zunächst anhören, wie die EU-Kommission ihre Position begründet“, erklärt die Sprecherin der Gesundheitsbehörde, Petra Bäurle.
Der Hamburger Fleischerinnung, in der knapp 100 Betriebe zusammengeschlossen sind, könnte nichts ungünstigeres passieren als eine neue BSE-Debatte. Denn dann geht erfahrungsgemäß der Fleischverkauf in den Keller. Dabei hält Geschäftsführer Jürgen Hönemann das Risiko, demnächst schon Fleisch aus England im Laden zu haben, für „unbedeutend“. Das Ballungszentrum Hamburg bediene sich beim Fleisch schließlich aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen. „Bei diesem Umland wären Importe aus anderen Ländern völlig widersinnig“, behauptet er.
Eine Kennzeichnungspflicht – für Hönemann ist das keine Lösung. „Das System, das sich die EU ausgedacht hat, ist löcherig und kompliziert, da steigt kein Mensch durch.“ Da solle die KundIn lieber jetzt an der Theke nachfragen, woher das Stück Rindfleisch kommt.
Die Verbraucherzentrale sieht das ganz anders. „Ich würde gern mit Herrn Hönemann jetzt durch ein Fleischfachgeschäft gehen – wenn er mir bei zehn Prozent der Ware nachvollziehbar die Herkunft klären kann, ist das schon viel“, sagt Ralf Alsfeld, der Ernährungsexperte der Verbraucherschützer. Die Kennzeichnungspflicht müsse her, sonst sei ganz klar, dass sich die KundInnen aus Angst beim Fleischkauf zurückhalten. „Beim Thema BSE sind wir alle so oft auf den Bauch gefallen – Vertrauen bringt da nichts mehr.“ Im Grunde könne es beim Kauf nur den Tipp geben: Weg vom Billigfleisch, hin zu den Produkten der ökologischen Landwirtschaft.
Gelassenheit herrscht bei den Supermärkten: Im Moment laufe das Produkt Rindfleisch ganz gut, sagt der Sprecher der Spar-Handelskette, Jörg Schillinger. Er hat auch keine Angst, dass sich das nun wieder ändert: „Die Verbraucher stumpfen irgendwann ab, wenn das Thema immer wieder hochkommt.“ Wenn das Fleisch gesetzlich zugelassen und gekennzeichnet ist, würde Spar es wohl auch anbieten, sagt Schillinger. Er ist für diesen Fall sicher: „Dann entscheidet der Verbraucher, der wird das nicht annehmen, und dann ist das britische Fleisch ganz schnell vom Markt verschwunden.“
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