Neuer Waffendeal: Rot-Grün im Minenfeld

■  Deutschland verhandelt mit Griechenland über die Lieferung von Minenwerfern und Anti-Panzer-Minen aus Bundeswehrbeständen. Damit steht der Koalition aus SPD und Grünen womöglich neuer Krach bevor

Berlin (taz) – Nach dem Koalitionskrach um die Lieferung eines deutschen Panzers an die Türkei könnte ein neuer Waffendeal die rot-grüne Regierung in Bedrängnis bringen. Die griechische Armee verhandelt mit Deutschland gegenwärtig über die Lieferung von Minenwerfern und Anti-Panzer-Minen aus Bundeswehrbeständen. Das bestätigte der Militärattaché der Griechischen Botschaft in Berlin, Apostolos Lykodimos, der taz. „Es gibt Überlegungen bei uns und Gespräche mit dem Bundesverteidigungsministerium“, sagte Lykodimos. Die Minenwerfer und ihre Munition seien „eine interessante Waffe, über die die griechische Armee bisher nicht verfügt“.

Anders als bei der umstrittenen Genehmigung für den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann, einen Kampfpanzer in die Türkei zu exportieren, wäre diesmal die Bundeswehr der Lieferant. Die Minenwerfer vom Typ „Skorpion“ sind kleine Panzerfahrzeuge mit Abschusseinrichtungen auf der Ladefläche. Diese können Minen vom Typ AT2 verschießen, die später auf dem Erdboden liegen und explodieren, sobald ein Fahrzeug über sie hinwegrollt.

In der politischen Bewertung der Waffen gehen die Einschätzungen von Grünen und Sozialdemokraten auseinander. Wie schon den Panzerexport sehen die Grünen auch diesen Fall kritisch. Die grüne Rüstungsexpertin Angelika Beer ist „generell dagegen, dass die Minenwerfer und Minen ausgeführt werden“. Unterstützung bekommt Beer vom Deutschen Initiativkreis für das Verbot von Landminen, dem Hilfswerke wie Medico International, terre des hommes und Unicef angehören. Dessen Mitarbeiter Thomas Küchenmeister wertet die Sprengkörper als „Anti-Panzer-Minen, in die Anti-Personen-Minen integriert wurden“. Jedes Geschoss enthalte eine Vorrichtung, die es auch bei einer Berührung durch Menschen zur Detonation bringe. Der „Aufhebeschutz“ erschwert im Sinne der Militärs die Räumung von Minenfeldern. Damit stellen die Minen auch eine Bedrohung für Zivilpersonen dar.

Offiziell allerdings sind diese Kampfmittel nicht verboten. Das 1997 im kanadischen Ottawa beschlossene Abkommen untersagt nur den Gebrauch von Minen, die sich per Definition gegen Menschen richten, so genannte Anti-Personen-Minen. Auch Deutschland hat den Vertrag inzwischen ratifiziert.

Die Koalitionsvereinbarung von 1998 zwischen SPD und Grünen ist in dieser Frage unbestimmt. Die SPD tendierte, wie ihr Rüstungsexperte Peter Zumkley erklärt, eher zur strikten Ottawa-Definition. Die Grünen wollten das Minenverbot ausweiten. Im Text der Koalitionsvereinbarung steht nun ein Kompromiss: „Die neue Bundesregierung macht ihren Einfluss geltend, besonders grausame Waffen wie Landminen weltweit zu verbieten.“

Die SPD versteht unter Landminen nur Anti-Personen-Minen. Der nächste Konflikt über den Rüstungsexport in der Koalition könnte sich somit anbahnen. Denn die Grüne Angelika Beer plädiert dafür, den technischen Mechanismus der AT2-Mine, für die sich Griechenland interessiert, einer Neubewertung zu unterziehen und sie so doch noch als Anti-Personen-Mine einzustufen. Auch Thomas Gebauer von Medico International hält die enge Definition für unsinnig und gefährlich. So würden zum Beispiel in Angola viele Menschen noch Jahre nach dem Bürgerkrieg durch Anti-Panzer-Minen schwer verletzt.

Wie viele Minenwerfer und Geschosse Griechenland von der Bundeswehr kaufen will, ist bislang nicht bekannt. Das Fachblatt Jane's Defense Upgrades schilderte in seiner April-Nummer das geplante Geschäft als Teil eines umfänglichen Modernisierungsprogramms der griechischen Armee. Das Bundeswirtschaftsministerium weiß nach Angaben einer Sprecherin jedoch nichts von den Verhandlungen. Das Verteidigungsministerium will die Angelegenheit erst einmal eingehend prüfen, bevor man sich äußert.

Nach Angaben von Thomas Küchenmeister vom Initiativkreis plant die Bundeswehr ihrerseits, bis 2006 mindestens 745 Millionen Mark für Minen-Technologie auszugeben. Hannes Koch