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Ökosteuer doch noch gerettet

In letzter Minute einigt sich die rot-grüne Koalition über eine Steuerbefreiung für Gaskraftwerke. Neue Steuer auf Kapitallebensversicherungen  ■   Von Bernward Janzing

Berlin (taz) – Die zweite Stufe der Ökosteuer kann kommen. Nachdem die Koalitionsparteien am Donnerstagabend einen Kompromiss zustande brachten, hat der Finanzausschuss die Reform gestern gebilligt. Damit kann, wie geplant, zum 1. Januar 2000 die Benzinsteuer um sechs Pfennig sowie die Stromsteuer um 0,5 Pfennig je Kilowattstunde steigen. Weitere Stufen in gleicher Höhe werden bis 2003 jährlich folgen. Das Geld wird aber nicht im Staatshaushalt versickern, sondern in Form reduzierter Beiträge zur Rentenversicherung wieder an die Bürger zurückfließen. Gewollter Effekt: Wer Energie spart, profitiert. Wer verschwendet, zahlt drauf.

Nachdem die Reform bereits vergangene Woche von der Koalition abgesegnet worden war, hatten plötzlich einige SPD-Politiker versucht, die Vereinbarung wieder zu kippen. Der Streitpunkt war die Steuerbefreiung effizienter Gaskraftwerke. Ursprünglich sollten Anlagen mit einem Wirkungsgrad von 57 Prozent von der Steuer befreit werden. Doch nach Abschluss der Verhandlungen intervenierte ein Teil der SPD-Fraktion mit dem Ziel, den Grenzwert noch auf 58 Prozent hochzudrücken. Damit wäre praktisch kein Gaskraftwerk mehr in den Genuss der Steuerbefreiung gekommen – und die Kohle hätte profitiert.

Grüne und SPD einigten sich abschließend auf 57,5 Prozent. Dieser Wert gilt zwar als hohe Herausforderung für die Anlagentechnik, ist aber erreichbar. „Wir prüfen im Moment, ob es einen Anlagenbauer gibt, der diesen Wert garantieren kann“, hieß es bei der Hamburger Vasa Energy gestern, die nahe Greifswald ein modernes Gaskraftwerk bauen will. Nach Auskunft der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), gibt es bislang erst ein einziges Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) in Karlsruhe, das diesen Wert erreicht. Ein modernes Steinkohlekraftwerk setzt dagegen nur 43,5 Prozent der Energie in Strom um, während Atomkraftwerke sogar nur einen Wirkungsgrad von 30 Prozent schaffen.

Die effizientesten unten den fossil befeuerten Kraftwerken sind Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Als dezentrale Blockheizkraftwerke erreichen sie einen Wirkungsgrad von 85 bis 90 Prozent. Auch diese Anlagen werden nach Beschluss der Regierung bis zu einer Leistung von zwei Megawatt von der Erdgas- und Stromsteuer befreit. Ebenso werden Stadtwerke mit großen KWK-Anlagen besser gestellt. So werden künftig Anlagen von der Mineralölsteuer befreit, wenn sie einen Monatsnutzungsgrad von 70 Prozent erreichen, also im Laufe eines Monats die eingesetzte Energie sehr effizient nutzen. Bislang war der Jahresnutzungsgrad zugrundegelegt worden, womit Stadtwerke, die ihre Wärme nur in den Wintermonaten absetzen konnten, nicht von der Steuer befreit waren.

Entgegen früheren Plänen wurde eine Steuerbefreiung für Strom aus regenerativen Energien noch immer nicht eingeführt. Dies habe technische Gründe, hieß es. Das Finanzministerium sah sich nicht in der Lage, diese Befreiung kurzfristig in ein eindeutiges Gesetz zu gießen. Bis zum kommenden Jahr sollen die Detailfragen geklärt werden, so dass zum 1. Januar 2001 in der dritten Stufe der Reform die Befreiung für Ökostrom umgesetzt werden kann.

Parallel zur Einigung bei der Ökosteuer wurde auch der Streit um die Besteuerung von Kapitallebensversicherungen beigelegt. So bleibt ein Freibetrag von 20.000 Mark. Bei Lebensversicherungen, die als monatliche Rente ausgezahlt werden, wird keine Steuer erhoben. Betroffen sind nur Versicherungen, die nach dem 1. Januar 2000 abgeschlossen werden.

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