piwik no script img

Berliner Sportstätten: 90 Prozent Verfall

■  Den Sanierungsbedarf von Sportstätten und Schwimmbädern schätzt Senatorin Stahmer auf 2 Milliarden Mark. Nur 10 Prozent davon wollen CDU und SPD in der kommenden Wahlperiode bewilligen. Das feiern sie als Erfolg

Zum Abschied rückte Schulsenatorin Ingrid Stahmer mit der vollen Wahrheit heraus: Rund zwei Milliarden Mark, erklärte die SPD-Politikerin gestern, würden in den nächsten Jahren für die Instandhaltung der städtischen Sportstätten und Schwimmbäder benötigt. Auf gut 600 Millionen Mark bezifferte Stahmer den „akuten“ Bedarf – das Geld, das bis 2005 unbedingt benötigt wird.

Mit diesen Zahlen macht die scheidende Senatorin den ersten Verhandlungserfolg zunichte, mit dem sich CDU und SPD nach der ersten Runde der Koalitionsgespräche am vergangenen Wochenende brüsteten. Die Parteichefs Eberhard Diepgen und Peter Strieder hatten stolz verkündet, sie wollten das Sanierungsprogramm für Schul- und Sportstätten um vier Jahre verlängern. Das macht insgesamt 200 Millionen Mark, also zehn Prozent des von Stahmer errechneten Bedarfs. Den Eigenanteil der Bezirke eingeschlossen, stünden pro Jahr gut 70 Millionen Mark bereit.

Nach den Berechnungen der Stahmer-Behörde reicht dieses Geld aber nicht einmal, um die Stilllegung von baufälligen Anlagen zu verhindern. Derzeit fallen aus dem Programm 30 Millionen Mark pro Jahr für den Sportbereich ab. In den kommenden drei Jahren aber, so Jürgen Kießling, Abteilungsleiter in der Sportverwaltung, würden insgesamt 150 Millionen Mark benötigt, um Schließungen zu verhindern.

Am schlechtesten ist die Lage in den östlichen Stadtbezirken. Auf sie entfallen mehr als drei Viertel des „akuten“ Bedarfs. Ginge es nach der Bedürftigkeit, müsste jede sechste Mark nach Hohenschönhausen fließen: In dem Plattenbaubezirk gibt es zwar viele Jugendliche, aber wenig intakte Sportanlagen. Auf dem zweiten Platz der Mängelliste, von der Stahmer-Behörde gemeinsam mit den Bezirken akribisch zusammengestellt, steht der Bezirk Friedrichshain. Die Wünsche reichen von neuen Dächern und Heizungen bis zu besseren Böden oder Flutlichtanlagen. „An Neubauten“, sagt Abteilungsleiter Jürgen Kießling, „ist überhaupt nicht zu denken“ – die teuren Hallen für die gescheiterte Olympiabewerbung ausgenommen. Für den Schulsport allerdings entstanden in den vergangenen fünf Jahren 38 neue Hallen.

Doch insgesamt ist die Lage bei den Schulgebäuden nicht weniger trist als bei den Sportanlagen. Einziger Unterschied: Es gibt keine zentrale Statistik. Anders als im Sportbereich ermittelt jeder Bezirk den Bedarf nach eigenen Kriterien. In Kreuzberg beispielsweise schätzt Bildungsstadträtin Hannelore May (Grüne) den Sanierungs- und Modernisierungsbedarf auf rund 40 bis 50 Millionen Mark. Doch die Stadträtin ist schon froh, dass sie in diesem Jahr zwei Millionen Mark an Senatsgeldern bekommen hat.

In einem Punkt aber sind sich alle Experten einig: die Sanierungsgelder nur kurzfristig und vorübergehend aufzustocken, nützt wenig. Schließlich müssen die Bezirke das Geld auch sinnvoll verplanen können. „Wichtig ist“, sagt Abteilungsleiter Kießling, „dass das Geld kontinuierlich fließt.“ Ralph Bollmann

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen