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Berliner SPD-Senator: Länder-Neugliederung muss kommen

■ Süd-Länder weisen auf Druck für die Nehmerländer hin / Berlin will „Nordstaat“ und 10 statt 16 Länder

Stuttgart/ Berlin/ Bremen/ München. Ferdinand Kirchhof, der Tübinger Jura-Professor und Bruder des Verfassungsrichters Paul Kirchhof, hat in einem Beitrag für die Stuttgarter Nachrichten das Urteil zum Länderfinanzausgleich kommentiert. „Eines ist wichtig bei der Entscheidung“, schreibt Kirchhof: „Die Parlamente haben nur begrenzt Zeit, um zu einer Neuregelung zu kommen. Wenn dies bis zum Jahr 2003 nicht gelingt, dann gibt es auch keinen Finanzausgleich mehr. Dann zahlt keiner und dann kassiert auch keiner. Der Gesetzgeber steht also unter Entscheidungsdruck.“

Auf diesen Punkt hatte auch der Bremer Verfassungsjurist Prof. Dian Schefold hingewiesen. Die Zeitregelung stellt insbesondere die Nehmerländer unter einen hohen Druck – für die Geberländer ist es keine Drohung, nicht mehr zahlen zu müssen.

In der Sache geht Kirchhof davon aus, dass das Urteil, für das sein Bruder federführend war, „Pflöcke“ für den Gesetzgeber gesetzt habe: Die Bundesergänzungszuweisungen dürften die Finanzkraft der Nehmerländer nicht über die durchschnittliche Finanzkraft aller Länder heben. Das Gericht habe „erhebliche Zweifel“ an der Einwohnergewichtung formuliert, die die Stadtstaaten begünstige.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hat die „Bedenken Karlsruhes“ an den Sonderzahlungen des Bundes und an der Einwohnergewichtung unterdessen zur „Ausgangsposition“ für die nun folgenden Verhandlungen erklärt. Die Nehmerländer müssten sich „besonders anstrengen“, erklärte Teufel, denn wenn die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist verstreiche, gebe es überhaupt keine Zahlungen mehr.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will die Neuregelung dazu nutzen, um die Zahlungen des Bundes zu verringern. „Es gibt jetzt schon eine finanzielle Schieflage zu Lasten des Bundes. Das möchte ich korrigieren, und darüber wird in den Verhandlungen mit den Ländern auch diskutiert“, sagte Eichel. Er hatte früher einmal in Bremen erklärt, wenn er zu Begin der rot-grünen Koalition Finanzminister gewesen wäre und nicht Oskar Lafontaine, hätte es die Entscheidung zur Verlängerung der Sanierungs-Bundesergänzungszuweisungen so nicht gegeben.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich hat Berlins Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) eine Länderneugliederung gefordert. Die Zeit bis Ende 2004, die die Karlsruher Richter eingeräumt haben, müsse dazu genutzt werden, sagte der SPD-Politiker am Sonntag dem Radiosender berlin aktuell 93.6. Der jetzige Finanzausgleich mit sechs zahlenden und zehn nehmenden Ländern zeige, dass das Bundesgebiet „nicht optimal“ gegliedert sei.

Der Senator sprach sich dafür aus, die Zahl der Bundesländer von 16 auf zehn zu reduzieren. Länder wie das Saarland oder Bremen würden im Europa der Regionen keine Chance haben. Körting bekräftigte seine Forderung nach einem Nordstaat aus Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Karlsruher Urteil hätten einige Länderchefs den Ernst der Lage noch nicht erkannt, sagte Körting. Die Frist bis 2004 habe den Fehlschluss entstehen lassen, man brauche in nächster Zukunft nichts zu unternehmen. K.W./dpa

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