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■ Koalition: Die SPD findet freundliche Worte für die GrünenSchröder spielt den Patriarchen

Warum nur sind alle so lieb zu den Grünen? Zugegeben, die Wähler zieren sich etwas. Bei der Sonntagsfrage erzielt die Ökopartei gerade mal noch fünf Prozent. Doch was ein griesgrämiges Volk den Grünen an Zuneigung vorenthält, erhalten sie überreichlich vom Koalitionspartner SPD: Kanzler Schröder findet, Trittin der Traurige habe auch mal einen Erfolg verdient, und springt ihm unvermutet im Kampf gegen die Stromkonzerne zur Seite – der Atomausstieg soll jetzt doch per Gesetz kommen können. Auch Verkehrsminister Klimmt breitet seine Fittiche über den kleinen Koalitionspartner und fordert mehr Rücksichtnahme auf die grüne Identität. Die SPD scheint wie ausgewechselt.

Mehr als ein Jahr nach Regierungsantritt dämmert den Sozialdemokraten, dass sie nicht mehr in der Opposition sind. Oppositionsjahre sind Jahre in der Wildnis. Entsprechend zählt dort das Gesetz des Dschungels. Jeder geht jedem an die Gurgel, und sei's nur, um den umworbenen Zuschauern zu imponieren. Ein Jahr rot-grüner Zank hat auch darin seine Ursache.

Bei Gerhard Schröder und Genossen hat seit kurzem ein Umdenken eingesetzt. Den Kanzler umweht auf einmal ein Hauch von Gelassenheit, der nicht zufällig an Helmut Kohl erinnert. Demonstrativ hatte einst der Pfälzer Patriarch im Kanzleramt seine kleinen Partner gehätschelt. Weil Franz Josef Strauß gerne ins Privatflugzeug stieg, entging das Flugbenzin längst geplanten Steueraufschlägen. Weil Hans-Dietrich Genscher ein liberales Kunstverständnis pflegte, blieben die Goethe-Institute von Kohls geistig-moralischer Wende verschont. Verglichen mit CSU und FDP sind die Grünen eine genügsame Truppe, ihre Extravaganzen bleiben im Rahmen.

Das Motiv für solche Wohltätigkeit ist freilich immer politischer, nicht karitativer Natur. Seit Konrad Adenauers Tagen herrscht in Deutschland keine Partei mehr alleine. Spätestens wenn es auf die nächsten Wahlen zugeht, besinnen sich die Kanzler ihrer Juniorpartner. Dass Schröder schon drei Jahre vor dem Urnengang die Grünen päppelt, zeigt allerdings den Ernst der rot-grünen Krise.

Auf Kohl muss Schröder sich bei seiner Rücksichtnahme nicht mal berufen. Damit steht er in bester sozialdemokratischer Tradition. Schon Willy Brandt und Helmut Schmidt wussten ihren Juniorpartner FDP im rechten Moment zu stärken – und haben 13 Jahre glücklich und zufrieden regiert. Patrik Schwarz

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