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Der „rote Ken“ darf Londons Bürgermeister werden

■ Großbritanniens Premier gibt seinen Widerstand gegen parteiinternen Kritiker auf

Dublin (taz) – Nun darf sich Ken Livingstone, das rote Tuch für den britischen Premier Tony Blair, doch um die Labour-Kandidatur für das Amt des Londoner Bürgermeisters bewerben. Es wird im nächsten Jahr wieder eingeführt. Labours Wahlausschuss muss Livingstone morgen nur noch auf die Kandidatenliste setzen, woran kein Zweifel besteht. Blair hat am Wochenende erklärt, er werde das nicht verhindern. Neben Livingstone wollen auch der Ex-Gesundheitsminister und Blairs Wunschkandidat Frank Dobson sowie die Schauspielerin Glenda Jackson für Labour bei den Wahlen im Mai antreten. Alle drei müssen morgen ihre Eignung nachweisen.

Livingstone kann auf die 70er-Jahre verweisen: Damals war er Chef des Stadtrats von Groß-London, bis Margaret Thatcher den Rat abschaffte. Blairs Entscheidung, ihn jetzt als Kandidaten hinzunehmen, sofern die Partei ihn nominiert, ist eine Sensation. Denn bisher wollte Blair ihn unter keinen Umständen als Londoner Bürgermeister haben. Denn der Posten ist viel zu einflussreich, um ihn mit einem Kritiker zu besetzen. Und Kritik übte Livingstone häufig, wenn Blair die Partei wieder ein Stück rechts-modernisierte. Der „rote Ken“, wie er seit Jahren heißt, repräsentiert alles, was Blair verabscheut. Er ist durch und durch „Old Labour“. Blair hatte ursprünglich eine Zehnpunkteprüfung ausgeheckt, bei der Livingstone seine Loyalität beweisen sollte. Dabei ging es um Steuerpolitik, die Unabhängigkeit der Bank von England, Bomben auf den Irak, die Kürzung der Sozialhilfe für alleinerziehende Mütter und um Studiengebühren – alles Punkte, bei denen Livingstone nicht auf Linie liegt.

Blair geht jetzt ein Risiko ein. Denn Livingstone hat gute Chancen, Labours Kandidat zu werden. Die Entscheidung liegt zu je einem Drittel bei den Gewerkschaften, den Londoner Unterhaus- und Europa-Abgeordneten sowie den rund 60.000 Londoner Parteimitgliedern. Da die Abgeordneten Dobson unterstützen und die Gewerkschafter zu 80 Prozent Livingstone wählen, hängt alles von den Parteimitgliedern ab. Mitte Dezember weiß Blair, wen er am 4. Mai unterstützen muss.

Labours Kandidat tritt gegen den Tory-Konkurrenten Jeffrey Archer an, der durch schlechte Romane bekannt wurde. Blair hat zumindest erreicht, dass Livingstone nicht wie angedroht als Unabhängiger kandidieren wird, sollte er bei Labour durchfallen. Wird er aufgestellt, dürfte Blair auf einen Sieg Archers hoffen, während die Tories wohl Livingstone die Daumen drücken. Denn der kann Blair mehr Ärger bereiten als jeder Tory.

Ralf Sotscheck

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