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Fußballfans lieben Ausländer ...

■ ... zumindest wenn die Leistung stimmt. Im Fußball zählen die Tore, nicht die Hautfarbe. Ein Gespräch mit dem Soziologen Frank Kalter über die Vorlieben der Fans

taz: Wie sind Sie auf die Idee dieser Studie gekommen?

Frank Kalter: In den USA werden schwarze Basketballer bei Gehältern und auf dem Transfermarkt diskriminiert. Studien haben gezeigt, dass dies in engem Zusammenhang steht mit den ethnischen Präferenzen der Kunden, also der Sportzuschauer. Mich hat interessiert, ob Herkunft und Hautfarbe von Spielern auch für deutsche Fußballfans eine Rolle spielen.

Warum gerade die Verkaufszahlen der Spielertrikots als Messvariable?

Ein Trikot ist nicht billig. Es kann daher als relativ harter Indikator für die Identifikation mit einem Spieler angesehen werden. Daüberhinaus ist ein Trikot ein öffentliches Bekenntnis. Wenn ich als Fan mit einem Spielernamen auf dem Rücken in meinem sozialen Umfeld herumlaufe, verspreche ich mir einen Nutzen, nämlich Anerkennung. Das mache ich nur, wenn ich diesen Spieler mag.

Wie sind Ihre Ergebnisse?

Die Fans in Deutschland orientieren sich vor allem an der Leistung, an den Toren.

Ein Mittelstürmer aus Togo wird also mehr verehrt als ein rechter Verteidiger deutscher Abstammung?

Im Großen und Ganzen ja. Deutsche und Afrikaner schneiden in der Studie etwa gleich ab. Ein afrikanischer Stürmer, der viele Tore schießt, ist daher in der Regel beliebter als etwa ein deutscher Abwehrspieler. Nehmen wir Frankfurts Bachirou Salou, der im Moment oft ins Schwarze trifft. 80 Prozent aller Fan-Trikots, die die Eintracht verkauft, tragen den Namen Salou. Aber: Die Studie hat auch gezeigt, dass nicht nur die Leistung zählt. Es gibt durchaus einen Nationalitätenfaktor – auch wenn er untergeordnet ist. So erfreuen sich Südamerikaner einer ganz besonderen Beliebtheit. Da spielt wohl auch das Image der jeweiligen Nationalmannschaften hinein. Ebenso deutlich ist aber, dass die Osteuropäer am wenigsten gemocht werden.

Warum?

Mir bleibt nur die Spekulation. Vielleicht müssen die Fans sich erst an sie gewöhnen. Ich erinnere daran, dass die Afrikaner vor zehn Jahren noch mit Bananen beworfen worden waren. Inzwischensind sie voll akzeptiert, oft sogar Publikumslieblinge schlechthin.

Der Osten Deutschlands fällt häufiger durch fremdenfeindliche Gesinnung auf. Kommt dies auch in den Fan-Kurven der Stadien zum Ausdruck?

Schwer zu sagen. Hansa Rostock ist die einzige Ost-Mannschaft, die in der Studie berücksichtigt wurde. Das sind zu wenige Daten, um einen generellen Ost-West-Unterschied herauszuarbeiten. Ich habe keinen festgestellt. Überrascht Sie das Ergebnis?

Ich bin froh darüber. Übrigens bestätigen meine Befunde ein aus der Ökonomie bekanntes Prinzip: Dass der Wettbewerb ein Verbündeter von Minderheiten ist. Da, wo man nur über Leistung zum Erfolg kommt, kann Diskriminierung den Erfolg behindern. Von Seiten eines Vereins macht Nationalitäten-Diskriminierung daher keinen Sinn. Dass aber auch die Kunden, die Fans, weitgehend frei davon sind – das hat mich überrascht.

Interview: Frank Hübner ‚/B‘ Dr. Frank Kalter ist Soziologe an der Uni Mannheim. Sein Lieblingsspieler ist Toni Polster – ein Österreicher.

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