Putin lehnt eine Feuerpause ab

■ Die russischen Truppen ziehen den Ring um Grosny enger. Das Internationale Rote Kreuz fordert 21 Millionen Mark als Hilfsgelder für die Flüchtlinge aus Tschetschenien

Moskau (rtr/dpa) – Trotz scharfer Kritik des Westens setzt Russland seine Militäroffensive in der Kaukasus-Republik Tschetschenien fort. Ministerpräsident Wladimir Putin sagte am Samstagabend in Moskau, Russland werde weiterhin alles tun, um die „terroristischen Banden“ zu vernichten und ihr Wiedererstarken zu verhindern.

Putin sagte im russischen Fernsehsender ORT, es werde keine Feuerpause geben. Damit erteilte er weltweiten Aufrufen zu einer politischen Lösung erneut eine Absage. Luftwaffe und Artillerie nahmen am Wochenende nach offiziellen Angaben Ziele in der umkämpften Stadt Urus-Martan unter Beschuss. Wie das Presseamt in Moskau mitteilte, flog die Luftwaffe in den vergangenen 24 Stunden 82 Einsätze. Die rund 15 Kilometer nördlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny gelegene Stadt gilt als Hochburg der muslimischen Rebellen. In den Außenbezirken der Stadt haben sie damit begonnen, ihre Stellungen zu befestigen.

Die Verbindungsstraße nach Grosny war wegen des heftigen Beschusses unpassierbar. Russland muss Urus-Martan unter seine Kontrolle bringen, um Grosny vollständig abriegeln zu können. In der Umgebung der inzwischen russisch kontrollierten Stadt Gudermes nahm das russische Militär eigenen Angaben zu Folge nach und nach mehrere Dörfer ein.

Unterdessen stieg die Zahl der Flüchtlinge aus Tschetschenien nach russischen Angaben etwas langsamer als bisher, da viele Menschen nach Tschetschenien zurückkehrten. Seit Samstag hätten etwa 1.800 Menschen die abtrünnige Kaukasusrepublik verlassen und 1.100 seien dorthin zurückgekehrt, meldete die Nachrichtenagentur Interfax. Beobachter gingen jedoch davon aus, dass die meisten Rückkehrer Tschetschenien bald wieder verlassen würden. Sie wollten meist nur nach Angehörigen suchen oder ihr Eigentum retten. Insgesamt sind mehr als 200.000 Menschen aus Tschetschenien geflohen.

Ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) forderte massive Unterstützung aus dem Ausland für die Unterbringung der Flüchtlinge in Inguschetien. Seit Beginn der Militäroffensive in Tschetschenien Anfang Oktober habe sich die Zahl der Menschen in Inguschetien durch die Kriegsflüchtlinge nahezu verdoppelt, sagte IKRK-Sprecher Angelo Gaedinger am Samstag. Notunterkünfte, Lebensmittel, Kleidung und medizinische Versorgungsgüter seien Mangelware. Das Ausland müsse mehr als 21 Millionen Mark an Hilfsgeldern aufbringen, um das Flüchtlingselend zu lindern.