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Zwei Seelen in Porsches Brust

Ein Gericht hat gestern die Entschädigungsklage eines NS-Zwangsarbeiters abgewiesen. Da erinnert sich der Autohersteller Porsche seiner moralischen Verpflichtung  ■   Von Christian Semler

Berlin (taz) – Zwei Seelen wohnen, ach!, in der Brust der deutschen Unternehmen, die während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeiter beschäftigten. Die eine Seele haust in der Rechtsabteilung, die andere in der Marketingabteilung. Die in der Rechtsabteilung ist frohgemut, gelang es bis vor kurzem doch stets, Klagen ehemaliger Zwangsarbeiter vor deutschen Gerichten abzuschmettern. Und auch in den USA sieht es nach einer Klageabweisung durch ein Bundesdistriktgericht so übel nicht aus. Die andere Seele in der Marketingabteilung ist betrübt. Denn unabhängig von der Rechtslage schaden die Klagen der ehemaligen „Mitarbeiter“ dem Image.

Im Verfahren eines polnischen Zwangsarbeiters gegen das (ehemalige) Konstruktionsbüro Ferdinand Porsche obsiegte gestern die Rechtsabteilung, wurde aber prompt durch die Marketingabteilung korrigiert. Porsche will den ehemaligen Zwangsarbeitern seines Büros nach dem Vorbild der Entschädigungsregelung des VW-Konzerns 10.000 Mark zahlen, auch dem abgewiesenen Kläger, dem 74-jährigen Czeslaw M.

Dieses Angebot ist für Porsche nicht sonderlich kostspielig, selbst wenn es sich herausstellen sollte, dass statt der bisher angegebenen fünf 20 Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Schwerer wiegt, dass die Firma Porsche ihre Bereitschaft gezeigt hat, dem Stiftungsfonds der deutschen Unternehmen beizutreten. Das wird teuer, denn für die Höhe der Beiträge wird auch die Finanzkraft der Unternehmen in Anschlag gebracht werden. Dennoch: Auf dem US-Markt wird sich diese Geste bezahlt machen.

Das Urteil des Stuttgarter Landgerichts schloss sich der Auffassung einer anderen Kammer des gleichen Gerichts an und stellte fest: Die Ansprüche der Zwangsarbeiter sind verjährt. Denn die Verjährungsfrist von zwei Jahren habe mit der Ratifizierung des 2-plus-4-Vertrages als Friedensvertrag 1991 zu laufen begonnen. Diese Rechtsauffassung ist aus zwei Gründen unhaltbar. Zum Ersten wurde von der damaligen Bundesregierung die Behandlung der Ansprüche verschoben, die seit dem Londoner Schuldenabkommen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages ruhen sollten. Ob „2 plus 4“ überhaupt einen Friedensvertrag darstellt, war damals unklar. Kein Anwalt hätte 1991 eine zivile oder arbeitsrechtliche Klage zu Gunsten der Zwangsarbeiter riskiert. Erst 1996 eröffnete das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit individueller Klagen von Zwangsarbeitern, bis dahin galten ihre Forderungen als Bestandteil von Reparationen, für die der Staat zuständig war. Zum Zweiten ist die Verjährungsfrist von zwei Jahren ein Skandal. Denn damit werden die Ansprüche von Zwangsarbeitern „Alltagsgeschäften“ gleichgesetzt. Die generelle Zweijahresfrist stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das in der Rechtsliteratur allgemein kritisert worden ist.

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