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Gefestigte Gesundheitswissenschaften

■ An der Uni wird das Zentrum für Public Health eröffnet: Der „ganzheitliche“ Ansatz soll sich von anderen Zentren abheben

Die Bremer Universität bekommt heute Abend hohen Besuch: Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) nimmt an der offiziellen Eröffnung des Bremer „Zentrum für Public Health“ (ZPH) teil. Gegründet wurde das Zenrum bereits am 11. November letzten Jahres und ist als Forschungsverbund in den Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen eingegliedert. Heute wird es der Öffentlichkeit vorgestellt.

„Zeit zum Feiern haben wir erst jetzt“, erklärt die wissenschaftliche Koordinatorin Frauke Koppelin. „Wir haben das erste Jahr genutzt, um Arbeitsstrukturen und erste Kooperationen aufzubauen, einen Vorstand zu wählen und Gremien wie den Zentrumsrat zu besetzen.“

Ziel des neuen wissenschaftlichen Zentrums ist es, die Forschungsinstitute und Studiengänge zusammenzuführen und zu vernetzen, die im weitesten Sinne den Bereich „Gesundheit“ bearbeiten. Der interdisziplinäre Charakter der Gesundheitswissenschaften soll dabei besonders hervorgehoben und gefördert werden. „Die Arbeits- und Lebensumstände der Menschen verändern sich immer schneller und beeinflussen mehr und mehr die Gesundheit und das Wohlbefinden“, erläutert Annelie Keil, Professorin im Bremer Institut für angewandte Biographie- und Lebensforschung und Vorstandsmitglied des Zentrums für Public Health. Dabei gehen die Begriffe Gesundheit und Krankheit für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weit über das enge medizinische Verständnis hinaus. Soziale, wirtschaftliche, psychologische, politische und individuelle Faktoren sollen in die Untersuchungen einbezogen werden. Für Annelie Keil ist dabei von entscheidender Bedeutung, dass das gesamte Umfeld der Menschen, die „Sinn stiftende Dimension des Lebens“, in die wissenschaftlichen Betrachtungen des Zentrums einbezogen wird.

Neben den Aufgaben Lehre und Ausbildung soll die Zusammenarbeit mit regionalen Institutionen und Verbänden zu einem wesentlichen Bestandteil des Bremer Zentrums für öffentliche Gesundheit werden. Dabei wird nicht nur an Krankenhäuser oder Rehakliniken gedacht, auch ambulante psychosoziale Dienste oder Selbsthilfe- und Patientengruppen sollen in Kooperationen einbezogen werden. Erste Ansätze sind bereits gemacht: So hat der Bremer Landesverband der Hebammen um Mithilfe beim Aufbau eines „Hebammen-gelenkten-Kreisssaales“ gebeten. Frauke Koppelin sieht ihre Aufgabe in diesem Fall darin, die Hebammen bei der Suche eines geeigneten Kreisssaales zu beraten und die wissenschaftliche Begleitung eines derartigen Modellprojektes zu organisieren. Läuft alles gut, könnte das Projekt zu einem festen Bestandteil auch in anderen Städten werden.

Public-Health Studiengänge und Forschungseinrichtungen gibt es seit dem Boom der 80er Jahre in Deutschland viele. Zumindest die Beteiligten sind aber überzeugt, dass sich der Bremer Forschungsverbund durch die Bandbreite der beteiligten Institute von den schon bestehenden Public-Health-Zentren anderer Universitäten unterscheidet und somit der notwendigen „Ganzheitlichkeit“ der Gesundheitswissenschaften etwas näher kommt. Dem Forschungsverbund gehören an: das Institut für angewandte Pflegewissenschaften (iap), das Institut für Präventionsforschung, Sozialmedizin und Epidemiologie (BIPSE), das Institut für angewandte Biographie- und Lebensweltforschung (IBL), das Institut für Psychologie der Arbeit, Arbeitslosigkeit und Gesundheit (IGP), das Institut für regionale Arbeits- und Gesundheitsforschung (IRAG) sowie das Zentrum für Rehabilitationsforschung (ZRF).

Tina Dannheim

Der Gründungsfestakt beginnt heute um 17.00 Uhr im Senatssaal, Gebäude MZH der Universität Bremen. Die Grußworte sprechen Prof. Dr. Annelie Keil, Senatorin Hilde Adolf und Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer. Den Festvortrag hält Prof. Dr. Ilona Kickbusch.

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