: Jobsucher nehmen gerne auch Schwarzarbeit an
■ Arbeitslose zu allem bereit: weite Wege, wenig Geld. Neuer Report für 1999
Berlin (taz) – Arbeitslose sind zunehmend bereit, für einen neuen Job auch einen weiten Weg zurückzulegen und eine schlechtere Bezahlung zu akzeptieren. Die ohnehin hohe „Duldungsbereitschaft“ von Erwerbslosen ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Dies berichten die Autoren des „Arbeitslosenreports 1999“, der gestern vom Meinungsforschungsinstitut INFO vorgestellt wurde.
Für den Report befragten die Meinungsforscher und das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg im Mai und Juni dieses Jahres 1.127 registrierte Arbeitslose, ABM-Beschäftigte und Menschen in Fortbildung und Vorruhestand in Ost und West.
80 Prozent würden demnach einen weiteren Arbeitsweg akzeptieren. 62 Prozent (Osten: 54 Prozent) nähmen auch eine schlechtere Bezahlung als in ihrem früheren Job in Kauf. 1994 waren im Westen nur 42 Prozent und im Osten 37 Prozent bereit, für weniger Lohn zu arbeiten.
Die Bereitschaft zur Schwarzarbeit ist gleichfalls gestiegen: 50 Prozent der Befragten aus dem Westen (Osten: 33 Prozent) erklärten, sie würden auch einen Schwarzjob annehmen.
Die Autoren des Reports widersprachen dem Vorwurf, Arbeitslose neigten dazu, sich in der „sozialen Hängematte“ auszuruhen. Die Befragten hätten ihre Bewerbungsaktivitäten verstärkt. 90 Prozent der Befragten strebten danach, schnell wieder Arbeit zu finden, betonte Projektleiter Siegfried Frister.
Es gibt allerdings eine Gruppe von etwa sechs Prozent der Befragten, die lieber Arbeitslosenunterstützung erhält, statt arbeiten zu gehen, und es nicht wichtig findet, schnell einen neuen Job zu bekommen.
Erstmals seit 1994 hatten die Forscher auch positive Ergebnisse zu melden: Die eigenen Arbeitsmarktchancen, die allgemeine Zufriedenheit und die Entwicklung des eigenen Lebensstandards wurde etwas optimistischer betrachtet als noch im Jahre 1997. Ob dies ein langfristiger Trend sei, müsse sich erst zeigen, meinte Frister. BD
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