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Scharfe Peperoni

Kieler Wahlkampf im Netz, Teil 1: Heide Simonis verrät, wie man Bratkartoffeln macht  ■ Von Peter Ahrens

Die Frau versteht was vom Kochen. Heidissima verrät: Kartoffeln gründlich waschen und mit Salz und Kümmel nicht zu weich kochen, was eine gute Bratkartoffel werden will. Wer Bratkartoffeln machen kann, muss auch eine gute Ministerpräsidentin sein, ganz klar. Deshalb wohl taucht auch das Kochrezept auf der Internet-Seite von Heide Simonis auf. Wahlkampf im Internet mit der SPD-Spitzenkandidatin. Bei Volker Rühe brennen die Kartoffeln wahrscheinlich immer in der Pfanne an.

Der mündige Wähler, der noch unentschlossen im Netz der Netze nach Orientierung für die Wahlentscheidung sucht, bekommt bei www.heide-simonis.de, was er braucht. Er erfährt, dass die Frau feiern kann, „dass die Heide wackelt“. Er lernt den Wert einer SPD-Beitrittserklärung zu schätzen: „Werden, was Heide Simonis schon ist: Mitglied in der SPD.“ Er erfährt, wo es die begehrten Heide-Simonis-Autogrammkarten gibt. Er bekommt Einblick in das Familienalbum der Simonis, ach, die unbeschwerten Zeiten, als Heide im geblümten Kleid in Afrika Missionsarbeit machte. Und dann die aufregende Ära Brandt: Heide immer an der Seite des ollen Willy. Alles im Foto dokumentiert.

Und das wichtigste: Der Wähler erfährt, dass das Land, das Volk quasi, hinter seiner Landesmutter steht. Im Gästebuch erklären strunzbrave Genossen per E-Mail ihre ungebrochene Solidarität mit ihrer Spitzenkandidatin. Ein gewisser Hans-Jürgen Peter vom Ortsverein Halstenbek teilt seiner Ministerpräsidentin mit: „Wie ich dir schon bei der Walter-Damm-Preisverleihung in Appen sagte, brauchen wir weiterhin eine starke Frau an der Spitze Schleswig-Holsteins.“ Gerd Kellermann gibt Rückendeckung aus dem tiefen Süden: „Viel Erfolg aus Oberbayern wünscht dir Genosse Gerd“, und schulterklopfender Rat kommt gar aus Nordrhein-Westfalen: „Geht den Gegner aggressiv an, und ihr werdet es schaffen.“

Was echte SPD-Toleranz ist, lässt natürlich auch konstruktive Kritik zu Wort kommen. In Gestalt von Tim Schmuckall aus Hamburg: „Vor einiger Zeit, als Sie den Karnevalsorden erhalten haben, fand ich Sie sehr sympathisch. Doch nun muss ich leider sagen, dass Sie an politischem Glanz verloren haben.“ Pech für die MP: Unterstützung kommt auch von dem, den niemand sich im Moment an seiner Seite wünscht. Ein gewisser Helmut K. aus Oggersheim schreibt: Beim Wahlkampf viel Erfolg wünscht dir dein alter Freund und Kegelbruder Helmut K.“ SPD-Homepages sind witzig. Da lacht der Sozi.

Recht haben natürlich auch die sympathischen Genossinnen Sina Klein und Petra Lockstedt aus Kiel: Ihnen kommt die Erotik auf der Homepage zu kurz. Und sie schreiben: „Wir als angehende Köchinnen ziehen eine scharfe rote Peperoni einer knobelbecherschwarzen Kartoffel bei weitem vor.“ Wer täte das nicht? Guten Appetit wünscht Heide Simonis.

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