: Die Herrschaft in Flensburg
■ Die SG Flensburg-Handewitt will eine Sportarena ganz für sich haben
Das Bild der tapferen Habenichtse der Liga kultivierten die Verantwortlichen der SG Flensburg-Handewitt schon immer liebevoll. Kein Wunder, schaffte es doch der kleine Handballklub immer wieder, trotz eines relativ niedrigen Etats dem Branchenkrösus THW Kiel zu trotzen. „Doch lange“, schwante es SG-Geschäftsführer Manfred Werner unlängst, „halten wir diesen finanziellen Kraftakt nicht mehr durch. Es sei denn, wir bekommen eine größere Halle.“
Dies indes könnte schon bald der Fall sein. Denn Stadt, Kreis und Land forcieren die Planungen für den Neubau einer Veranstaltungs- und Sporthalle auf dem Flensburger Campus. „Wenn alle mitziehen, ist die neue Halle bereits zur Handballsaison 2001/2002 spielbereit“, versprach Flensburgs Oberbürgermeister Hermann Stell. Immerhin 6000 statt wie bisher 4000 Zugu-ckerInnen könnten dann die Begegnungen der SG besuchen. Einziger Haken: Die Flensburger Ballwerfer müssten die neue Halle nicht nur mit den Sportlern der Universität teilen, sondern auch hin und wieder für kulturelle Veranstaltungen Platz machen. Das passt den Offiziellen der SG offenbar nicht. Er sehe keine Lösung für absehbare Nutzungskonflikte, beschied der SG-Vizepräsident und örtliche Sparkassendirektor Frerich Eilts und drohte gar mit einer Nutzungsverweigerung für die neue Arena: „Dann bleiben wir lieber in der Fördehalle und wursteln da weiter.“
Noch im Frühjahr gelang es der SG, sämtliche Parteien auf einen Ausbau der Fördehalle einzuschwören. Bereits im März beschloss die Flensburger Ratsversammlung einstimmig, die bisherige Spielstätte der SG bis zum Jahr 2001 auf eine Kapazität von mindestens 5.000 Zuschauern zu erweitern. Doch schon damals kritisierten etliche Lokalpolitiker hinter mehr oder minder vorgehaltener Hand die Pläne zum Ausbau der Fördehalle. Das Projekt sei weder finanziell seriös durchgerchnet, noch seien mögliche Alternativstandorte ausreichend überprüft worden. „Doch vor den Oberbürgermeisterwahlen konnte keiner einen Krach mit der SG riskieren“ erinnert sich ein Ratsmitglied.
Derweil forcierte die SG-Führung den Ausbau der Fördehalle weiter. Bereits im Oktober legte sie einen konkreten Zeitplan für den Ausbau ihrer Spielstätte vor. Ziel: die Fertigstellung der neuen Arena bis zum Oktober 2000. Auch ein ausgeklügeltes Ticket-Verteilungssystem für die erweiterte Fördehalle mit Sonderkontingenten für VIPs, Sponsoren und „normale“ Fans wurde der staunenden Lokalpresse präsentiert. „Wir rechnen fest mit den Mehreinnahmen ab Herbst nächsten Jahres“, drohte gar Geschäftsführer Manfred Werner.
Doch manch ein Kommunalpolitiker fühlte sich von dem forschen Vorgehen der SG-Bosse offenbar auf den Schlips getreten. „Wenn es um den Ausbau der Fördehalle geht, hat die SG wohl die Herrschaft in Flensburg übernommen“, polterte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat, Knut Franck. Widerstand gab es auch von Seiten der AnwohnerInnen der Fördehalle, die schon seit geraumer Zeit das Verkehrschaos vor und nach den Heimspielen des Handball-Bundesligisten monierten. Als dann auch noch der Rektor der Flensburger Universität, Gerd Jürgen Müller, darauf aufmerksam machte, dass die Hochschule dringend eine Sporthalle auf dem Campus benötige, kippte das Projekt „Ausbau der Fördehalle“ endgültig.
Oberbürgermeister Hermann Stell (CDU) sah nun gemeinsam mit den Fraktionsspitzen von CDU, SPD und SSW in dem Neubau einer Halle auf dem Campus „eine gute Lösung“. Und auch die Kieler Landesregierung offerierte einen Zuschuss von bis zu 70 Prozent zu den auf ungefähr 32 Millionen Mark geschätzten Baukosten.
Vizepräsident Frerich Eilts fordert zwar einen uneingeschränkten Zugriff auf die Halle: „Bei den ständigen TV-Übertragungen und zusätzlichen Europacup-Terminen müssen wir äußerst flexibel sein“, meinte er. Gestern jedoch lenkte die SG ein und signalisierte zumindest ihre Mitarbeit an einer Machbarkeitsstudie für die neue Campus-Halle. Allerdings legt sich Eilts fest: „Erste Priorität bleibt die Erweiterung der Fördehalle.“
Dass der Club mit seiner Argumentation bei der Ratsversammlung kaum Gehör finden wird, stellte SPD-Fraktionschef Knut Franck klar: „Auch eine erweiterte Fördehalle würde nicht exklusiv zur Verfügung stehen. Die Halle gehört schließlich nicht dem Verein.“
Matthias Anbuhl
Die SG muss aber auch Handball spielen: Heute um 19.45 uhr steigt das Nordderby und Sptzenspiel gegen den THW Kiel – noch in der alten Fördehalle. Die Landeshauptstädter besiegten am Mittwoch den TV Wilstätt mit 35:21.
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