piwik no script img

Grüne Basis gegen Trittin

■ Landesverbände sind enttäuscht von den Ausstiegsplänen ihrer Bundesminister

Hamburg/Berlin (taz) – Auch an diesem Wochenende regte sich wieder Protest in den grünen Landesverbänden gegen die Linie ihrer beiden Bundesminister Joschka Fischer und Jürgen Trittin. Es bedurfte schon des vollen Einsatzes grüner Bundesprominenz, um etwa die Hamburger von einem totalen Konfrontationskurs abzubringen. Parteisprecherin Antje Radcke und die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Kristin Heyne, waren eigens dafür am Sonnabend zur Mitgliederversammlung der Grün-Alternativen Liste (GAL) in ihre Hamburger Heimat geeilt. „Wir dürfen diese einmalige Chance nicht vergeigen“, bat Radcke darum, „jetzt keine Symboldebatten über Laufzeiten“ zu führen.

Ihr Einsatz war bitter nötig: Am Ende wurde ein forscher Gegenantrag der Basis nur abgelehnt. Der hatte die Stilllegung des letzten Reaktors „im Jahr 2008“ sowie einen Sonderparteitag gefordert, „bevor der Atomausstieg gesetzlich geregelt wird“.

So kamen Jürgen Trittin und Joschka Fischer mit einer leichten Abmahnung davon: Die Abschaltung des letzten deutschen AKW „eher in 15 als in 18 Jahren“, beschloss die GAL-Basis letztlich einstimmig. Das entspricht Gesamtlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke von deutlich unter 30 Jahren. Der erste Reaktor müsse auf jeden Fall vor der nächsten Bundestagswahl vom Netz sein, forderten die Hamburger darüber hinaus.

Die lokale Prominenz verhehlte keineswegs, dass ihr der Berliner Kurs nicht gefällt. „Eure Enttäuschung ist nachvollziehbar“, sagte Umweltsenator Alexander Porschke, „aber wir müssen Berlin jetzt den Rücken stärken.“ Der Ausstieg sei „nur gemeinsam mit der SPD möglich, so bitter das ist“.

Bei den Berliner Grünen wurde zwar weniger kontrovers diskutiert, am Ende war das Signal an die Bundespolitiker allerdings noch etwas deutlicher: Die Laufzeit von Kernkraftwerken müsse auf maximal 25 Jahre begrenzt werden, hieß es in einem mit großer Mehrheit angenommenen Antrag des Landesvorstandes.

Auch der niedersächsische Landesvorstand erklärte am Wochenende, er betrachte „mit äußerster Skepsis, was sich bislang als Linie der grünen Verhandlungsführer abzeichnet“. Brandenburgs Grüne verlangten gestern ebenfalls Nachbesserungen.

Bereits vergangene Woche sprach sich ein kleiner Parteitag der rheinland-pfälzischen Grünen in Koblenz für eine Gesamtlaufzeit von 25 Jahren aus. Bislang hatte sich nur ein Parteitag, der der hessischen Grünen, klar hinter Fischer und Trittin gestellt. Sven-Michael Veit/urb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen