Paroli schon nach zwei Ehejahren

Für ausländische Ehepartner wird es künftig leichter, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu erhalten. Frauenvertreterinnen sprechen von „Fortschritt“. Sogar Schily gibt seinen Segen  ■ Von Heide Oestreich

Berlin (taz) – Ausländische Ehefrauen können ihren inländischen Ehemännern in Zukunft bereits nach zwei Ehejahren Paroli bieten. Die Regierungskoalition stellte gestern einen Gesetzentwurf vor, der ihnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ermöglicht. Bisher mussten ausländische Ehepartner dafür vier Jahre lang in Deutschland verheiratet sein. Wird der Gesetzentwurf beschlossen, so reichen zwei Jahre aus.

„Internationale“ Partnervermittlungen wie die Agentur „Kontakt“ aus München werben gerne mit einer risikoarmen Eheschließung, denn „falls die Ehe nicht halten sollte, so macht es der Gesetzgeber möglich, dass Sie ohne Ärger und Kosten schnell wieder ein freier Mann sind, der auch zu keinerlei Unterhaltszahlungen herangezogen werden kann“. Bei Nichtgefallen muss der Ehemann lediglich dem Ausländeramt erklären, dass man nun getrennt lebe – „und Ihre Ehefrau müsste sofort in ihre Heimat zurückkehren“. In der Praxis hat der deutsche Ehepartner damit eine exzellentes Erpressungsmittel an der Hand.

„Das kostenlose Umtauschrecht bleibt leider bestehen“, bedauert Irmingard Schewe-Gerigk, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen. Lediglich die „Umtauschfrist“ hat sich nun von vier auf zwei Jahre verkürzt. Gegen ein Aufenthaltsrecht ab dem ersten Tag der Ehe, das die Grünen sich wünschen, sprach die Befürchtung der SPD-Politiker, dass ImmigrantInnen in Scharen von der Einbürgerung per „Scheinehe“ Gebrauch machen könnten.

Ebenfalls ändern will die Koalition die Härtefallregelung in Paragraf 19 des Ausländergesetzes. Bis jetzt führte nur eine „außergewöhnliche Härte“ dazu, dass ein ausländischer Ehepartner sofort ein eigenes Aufenthaltsrecht bekam. Definiert war dies vor allem durch Härten im Herkunftsland: Wenn schwangeren Frauen nach der Rückkehr eine Zwangsabtreibung drohe oder die Betreuung eines behinderten Kindes dort nicht gewährleistet sei. Eine Misshandlung durch den Ehemann führte dagegen nur zum eigenständigen Aufenthaltsrecht, wenn sie sich juristisch als „schwere Körperverletzung“ einstufen ließ oder die Frauen eingesperrt, vergewaltigt oder zur Prostitution gezwungen wurden. Eine hohe Hürde.

„Das neue Gesetz ist ein Fortschritt,“ meint Eva-Maria Bordt von der bundesweiten Frauenhaus-Koordinierungsstelle. Jetzt ist nur noch eine „besondere Härte“ nötig, um sofort Deutsche zu werden. Dafür reicht die „psychische oder physische Misshandlung“ durch den Ehepartner aus. Auch wenn die Rückkehr ins Herkunftsland die Frau „ungleich härter“ trifft als andere Rückkehrer, darf sie in Zukunft bleiben. Das ist z. B. der Fall, wenn geschiedene Frauen von ihren Familien wegen ihrer angeblichen „Schande“ nicht mehr aufgenommen werden.

Im Bundestag soll das Gesetz im nächsten Frühjahr verabschiedet werden. Die Chancen stehen gut, denn diese Änderung wurde schon im Koalitionsvertrag festgelegt. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht nötig.

Und: Innenminister Otto Schily schickte eigens die Staatssekretärin Cornelie Sonntag-Wolgast, um seinen Segen zu dem Entwurf verkünden zu lassen. Schließlich schätzt man die Zahl der Härtefälle nur auf etwa 3.000 im Jahr.