: So Rau wie bei Kohl
Nach langem Zögern nahm der Bundespräsident nun Stellung zu den Filzvorwürfen. Die SPD ist stocksauer, dass Rau und Kohl in einen Topf geworfen werden ■ Pascal Beucker
Der Druck auf den Johannes Rau stieg von Tag zu Tag. Egal, ob der Bundespräsident eine Unicef-Veranstaltung besuchte oder die deutschen Soldaten auf dem Balkan – immer interessierte nur eines: seine Rolle in der Düsseldorfer „Flugaffäre“. Sogar das böse Wort Rücktritt brachte die CDU schon ins Spiel: Wenn Rau auf Rechnung der Westdeutschen Landesbank (WestLB) gereist sei, „dürfte der Herr Bundespräsident wissen, was er zu tun hat“, so der Vize der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz.
Doch außer einer generellen Zurückweisung sagte Rau nichts. Erst am Donnerstag änderte er seine Meinung. Nachdem auch noch der Empfang zu seinem 65. Geburtstag 1996 in Wuppertal ins Zwielicht geraten war, ging Rau in den ARD-„Tagesthemen“ in die Offensive. An den Vorwürfen sei nichts dran. Alle Flüge, die Rau mit dem Learjet der WestLB unternahm, hätten einen dienstlichen Anlass gehabt.
Auch bei der vom Land und der Stadt Wuppertal organisierten Geburtstagsfeier sei alles korrekt zugegangen. Dass Firmen eine solche Veranstaltung sponserten, sei üblich. „Viele von denen, die das jetzt reklamieren, waren dabei gewesen“, sagte Rau. In seinem über 40-jährigen öffentlichen Leben und den 28 Jahren in der Regierung habe er „nie einen Skandal und nie eine Affäre angedichtet“ bekommen. Da mache es ihn „schon bitter“, dass er im höchsten Staatsamt nun solche Verdächtigungen „hinnehmen“ müsse.
Gestern hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft Rau entlastet. Die Geburtstagsfeier sei bereits im Frühjahr aufgrund einer anonymen Anzeige überprüft worden.
Für die SPD steht weiterhin fest, dass Rau und auch der NRW-Finanzminister Heinz Schleußer Opfer einer CDU-Kampagne sind. „Wir sind die Schweinerei leid, da hineingerührt zu werden und in einem Atemzug mit Kohl und seinen schwarzen Kassen genannt zu werden“, poltert SPD-Landtagsfraktionschef Dammeyer.
In der Tat käme den Christdemokraten nichts gelegener: Rau-Skandal verdrängt Kohl-Affäre – dann könnten sie doch noch die NRW-Landtagswahl im Mai nächsten Jahres gewinnen. Die SPD bebt vor Zorn. „Wenn die CDU hierzulande glauben sollte, sie könne durch miese Schlammschlachten von ihrem eigenen Versagen, von ihren Tricksereien mit Geheimkonten ablenken, dann täuscht sie sich gewaltig“, schnaubt Dammeyer.
Der Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Roland Appel, springt dem großen Koalitionspartner bei. Die Affären um Flüge und Sponsoring hätten „nichts mit strafrechtlichen Dingen zu tun“, sagte er. Seine Partei sei „gegen diese Filzsachen“, meinte Appel, doch dürfe das nicht mit den Parteispenden der CDU in einen Topf geworfen werden.
Allerdings sind Rau und die Landesregierung nicht ganz unschuldig an der sehr unangenehmen Situation. Für Spekulationen, dass bei den Flügen von Johannes Rau mit dem Flugservice der WestLB nicht alles korrekt zugegangen sein könnte, hat die NRW-Regierung selbst gesorgt. Schließlich unterschlug sie die Rau-Flüge in ihrer Antwort auf eine Anfrage der CDU vom vergangenen Jahr. Es sei 1998 nicht darum gegangen, die Rau-Flüge zu vertuschen, so ein führendes Mitglied der SPD-Landtagsfraktion gegenüber der taz, sondern der CDU generell nur soviel zu antworten, wie unbedingt nötig: „Gerade weil es ja auch um die WestLB ging.“
Deshalb habe die Landesregierung die Fragen „etwas eigenwillig“ interpretiert und sich in ihrer Antwort auf die 28 Flüge beschränkt, die Finanzminister Heinz Schleußer und der damalige Wirtschaftsminister Clement als „Mitglieder des Verwaltungsrats“ der WestLB getätigt hatten.
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