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Ende gut, alles gut?

Nicht ohne Eitelkeit verkündet der Kanzler den Erfolg seiner Verhandlungsmission: Bund und Wirtschaft werden die NS-Zwangsarbeiter mit zehn Milliarden Mark entschädigen. Alles weitere ist offen ■ Von Nicole Maschler

Berlin (taz) – Nur langsam wich die Anspannung aus des Kanzlers Gesicht. Nach monatelangem Ringen um die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter konnte Gerhard Schröder gestern in Berlin den Erfolg seiner Verhandlungsmission verkünden: zehn Milliarden Mark, zu gleichen Teilen von Bund und Wirtschaft finanziert.

Schröder, sonst nicht unbedingt der Mann fürs Historische, betonte die Bedeutung des Kompromisses für Deutschland. „Wir sind am Ende eines wahrlich blutigen Jahrhunderts.“ Der Holocaust habe sich unauslöschlich in das Bewusstsein der Welt eingeprägt. Die Entschädigungszahlungen könnten das Leid zwar „nicht heilen, aber lindern“. Ein wenig Eitelkeit erlaubte sich der Kanzler dann doch: „Es macht Mut, dass ich einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte.“

Bis zuletzt hatte sich die deutsche Wirtschaft geweigert, ihren Beitrag zum Fonds aufzustocken. Vor allem die Streitfrage der Rechtssicherheit hatte in den Vorstandsetagen zu Kopfzerbrechen geführt. „Das Interesse an Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen tritt sicher hinter der historischen Bedeutung der Einigung zurück“, sagte Schröder. Sie sei aber wichtig für die Legitimation des Ergebnisses in Deutschland. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nach Angaben des US-Sonderbeauftragten Stuart Eizenstat bisher nicht unterzeichnet.

Schröders Verhandlungsführer Otto Graf Lambsdorff (FDP) verteidigte die ausgehandelte Summe. „Das ist eine Größenordnung, die akzeptabel ist, aber die wir uns auch zumuten müssen.“ Offiziell beteiligen sich erst 60 Unternehmen am Fonds. Der Beauftragte der Stiftungsinitiative und Finanzchef von DaimlerChrysler, Manfred Gentz, appellierte gestern erneut an die Firmen. „Es handelt sich um eine einmalige und völlig außergewöhnliche Solidaritätsaktion.“ In der kommenden Woche wollen sich die Vorsitzenden der Wirtschaftsverbände treffen, um über das Engagement zu sprechen.

Auch Finanzminister Hans Eichel (SPD) hält noch angestrengt nach Geld Ausschau. Um den erhöhten Bundesanteil zu finanzieren, will der Staat Einnahmen aus Vermögensverkäufen einbringen. Werte, die frühere Generationen erwirtschaftet haben, müssten einbezogen werden. Die Entschädigung könne nicht nur von den heutigen Steuerzahlern gezahlt werden, sagte Lambsdorff gestern.

Auf das kleinliche Hickhack der deutschen Wirtschaft, die ihren Beitrag erst nach massivem Druck auf fünf Milliarden Mark erhöht hatte, ging Eizenstat mit keinem Wort ein. Er hob die Bedeutung der Vereinbarung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen hervor. „Die Deutschen haben sich ihrer Verantwortung gestellt.“ Die amerikanische Regierung selbst will eine symbolische Summe von 20 Millionen Mark in den Fonds einzahlen. Eizenstat warnte jedoch zugleich vor unrealistischen Erwartungen. „Es wird ein Jahr dauern, bis das erste Geld ausgezahlt werden kann.“

Heftig umstritten ist vor allem der Referentenentwurf zum Stiftungsgesetz. Bei dem Papier aus dem Finanzministerium handele es sich nicht um einen Gesetzentwurf, betonte jedoch Lambsdorff. „Der entsteht erst durch Kabinettsbeschluss.“ Der vorliegende Entwurf müsse in Übereinstimmung mit dem gebracht werden, was nun beschlossen worden sei.

In einer weiteren Konferenz wollen die Verhandlungspartner Anfang Februar klären, wie das Geld unter den Opfergruppen aufgeteilt wird. An den Entscheidungen ist auch die Bundesregierung beteiligt. Was er an Lambsdorff hat, scheint der Kanzler jedenfalls genau zu wissen: „Ich habe ihm schon gesagt, dass er nicht entlassen ist.“

Unterdessen hat Bundespräsident Rau all diejenigen, die unter deutscher Herrschaft Sklaven- und Zwangsarbeit leisten mussten, „im Namen des deutschen Volkes um Vergebung“ gebeten.

Kommentar Seite 12

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