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Runde steht seinen Mann

Hamburgs Bürgermeister musste gestern vor dem PUA Filz über die Millionen-Affäre bei der HAB aussagen  ■ Von Sven-Michael Veit

Wieder das gleiche Bild. Solange die Fotografen knipsten, blieb Ortwin Runde stehen. Wie schon am 24. Februar zierte sich der SPD- Bürgermeister auch gestern, vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Filz auf dem Zeugenstuhl Platz zu nehmen. Vor zehn Monaten war Runde über die Ehegatten-Affäre der zurückgetretenen SPD-Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel befragt worden; gestern sollte er auf Antrag der CDU über einen Komplex Auskunft geben, den er als Präses (1988 -1993) der Sozialbehörde selbst zu verantworten hat: die Affäre um die millionenschweren Zuwendungen an den städtischen Beschäftigungsträger Hamburger Arbeit (HAB) Anfang der 90er Jahre.

Erst als die Fotografen den Raum verlassen hatten, nahm Runde Platz und räumte weitschweifig und indirekt ein, rechtliche Vorschriften seinerzeit nicht allzu wörtlich genommen zu haben. Als BAGS-Senator war Runde damals zugleich Aufsichtsrats-Vorsitzender der HAB. Er hatte den ehemaligen SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Uwe Riez ohne Ausschreibung zum Geschäftsführer des Trägers gemacht. Riez sei „ein qualifizierter Jurist mit Verwaltungserfahrung gewesen“, begründete Runde sein Vorgehen.

Die Bildung millionenschwerer Rücklagen bei der HAB sei „damals wie heute wichtig und notwendig“ gewesen, behauptete er. Runde bestätigte die Aussage von Riez, dass er auf einer Aufsichtsratssitzung am 12. September 1991 den HAB-Geschäftsführer „ausdrücklich dazu aufgefordert“ habe. Das sei „rechtens“ gewesen, glaubt Runde; der PUA glaubt das nicht.

Denn dadurch erhielt die HAB etwa sieben Millionen Mark mehr, als ihr nach den Zuwendungsbescheiden der BAGS zustand. Diese hatte Riez jedes Jahr aufs neue angefochten. Das Problem regelte er 1996 selbst: Nach seinem Aufstieg zum Amtsleiter in der BAGS bereinigte Riez mit einem rückwirkenden Sammelbescheid über rund 260 Millionen Mark die Probleme zumindest buchungstechnisch.

Allerdings nicht juristisch: Derzeit verfügt die HAB über Rücklagen von etwa acht Millionen Mark – warum und wofür ist völlig unklar und konnte auch von Runde gestern nicht erhellt werden. Zudem ist Empfängern staatlicher Zuwendungen die Bildung von Rücklagen untersagt. Runde räumte ein, sich darum nicht weiter gekümmert zu haben. Er sei davon ausgegangen, dass Geschäftsführer Riez „die Angelegenheit geklärt“ habe.

Keineswegs, so Runde über seine Doppelrolle in der Affäre, habe er als Aufsichtsratschef der HAB dem Geschäftsführer Weisungen erteilt, die er als zuständiger Senator für juristisch fragwürdig hätte halten müssen. „Unrechtmäßigkeiten“ hätten schon deshalb nicht vorliegen können, weil die HAB die Zuwendungsbescheide der Behörde regelmäßig angefochten hatte. Folglich seien „die gar nicht rechtswirksam“ gewesen.

Was dem Abgeordneten Norbert Hackbusch (Regenbogen) zu der Frage veranlasste, ob die Beziehung zwischen BAGS und HAB „damals im rechtsfreien Raum schwebte?“ Soweit wollte der Zeuge Runde denn aber nicht gehen.

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