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Kein Platz auf der Weihnachtsinsel

Australiens Regierung geht hart gegen Bootsflüchtlinge vor

Berlin (taz) – „Sie werden nicht willkommen sein. Sie werden in Lagern interniert, tausende Kilometer von Sydney entfernt. Und Sie können Ihr ganzes Vermögen verlieren und trotzdem zurückgeschickt werden.“ Mit diesem Text auf einem Poster will Australiens Regierung Flüchtlinge abschrecken, die in wachsender Zahl den fünften Kontinent erreichen.

Pünktlich zum Fest der Liebe stellte Einwanderungsminister Philipp Ruddock gestern in Canberra das Abschreckungsposter vor, das in fünf Sprachen in den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge verbreitet werden soll. Ruddock will demnächst selbst in den Iran, die Türkei sowie nach Jordanien und Pakistan reisen, um dortige Regierungen zur Rücknahme abgewiesener Flüchtlinge und zu Maßnahmen gegen Menschenschmuggler zu drängen. Während China in letzter Zeit kooperierte, wies Indonesien jüngst Canberras Begehren ab.

Viele Flüchtlinge erreichen Australien auf kaum seetauglichen Schiffen als so genannte Boat People. Sie werden von Schlepperbanden auf der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel im Indischen Ozean oder dem Ashmore-Riff in der Timorseee abgesetzt. Die 135 Quadratkilometer große Weihnachtsinsel, die ihren Namen ihrer Entdeckung am Weihnachtstag 1643 verdankt, liegt nur 400 Kilometer südlich Indonesiens, aber 1.500 Kilometer nordwestlich von Australien. Auch das unbewohnte Ashmore-Riff liegt näher am indonesischen Westtimor als bei Australien.

Sobald die Flüchtlinge diese Inseln erreichen, trägt Canberra die Verantwortung. Per Flugzeug werden die Boat People in Lager im nordwestlichen Port Headland und nach Woomera, 500 Kilometer nördlich von Adelaide, gebracht. Chancen auf Asyl haben nur politisch Verfolgte, sofern sie nicht über ein Land geflohen sind, wo sie bereits Asyl hätten beantragen können. Australiens Regierung will die Anerkennungsbedingungen weiter verschärfen, die Nachzugsmöglichkeiten für Angehörige beschränken und Strafen für Schlepper drastisch erhöhen. Von 4.950 Bootsflüchtlingen, die Australien in der vergangenen Dekade erreichten, erhielten bis Mitte dieses Jahres nur 970 ein Daueraufenthaltsrecht. Rund 3.000 Flüchtlinge sind in Lagern interniert.

Im Verwaltungsjahr 1989/99 registrierten die Behörden über 2.900 Boat People, davon kamen 1.700 aus dem Irak und 1.000 aus Afghanistan. Allein von Juli bis November sollen weitere 1.700 Personen illegal eingereist sein, weitere 2.000 Personen seien an der Einreise gehindert worden. Kürzlich schreckte Minister Ruddock die Öffentlichkeit mit der Bemerkung, 10.000 Flüchtlinge würden auf die Überfahrt warten. Konkrete Beweise hatte er nicht. Jetzt droht Ruddock, die wachsende Zahl illegaler Flüchtlinge würde die legale Aufnahme von politischen Flüchtlingen gefährden.

Die Opposition und von Menschenrechtsgruppen machen eine ganz andere Rechnung auf. Sie verweisen darauf, dass unter Australiens 50.000 Illegalen ein Viertel aus Großbritannien kommt und weitere 5.000 aus den USA. Gegen sie plant die Regierung keine Maßnahmen. Sven Hansen

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