Schwarze Kassen: Was wusste Schäuble?
Millionenbetrag im Geldköfferchen von der Fraktion in die Partei getragen
Nicht nur der ehemalige CDU-Schatzmeister Leisler Kiep und Altkanzler Kohl haben Gelder in bar angenommen – auch innerhalb der Union wurden Geldköfferchen hin- und hergetragen. Die 1,15 Millionen, die die Unionsfraktion der Partei 1996 zugute kommen lassen wollte, sind – so heißt es aus CDU-Kreisen – auf ausdrücklichen Wunsch von Helmut Kohl ebenfalls bar abgehoben worden. Diesmal von dem ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Joachim Hörster – ein biederer Anwalt, der Kohl treu ergeben ist.
Biedermann Hörster also hat die Million abgehoben, das Konto aufgelöst – und das Geld zwei Wochen in einem Bankdepot gelagert, bevor er es dem Kohl-Vertrauten Hans Terlinden weitergab. Die Zwischenlagerung war nötig geworden, weil Terlinden krank war, sagt Hörster. Terlinden übergab des Geld an den Finanzberater Horst Weyrauch, der die CDU-Schwarzkonten führte.
Jetzt gerät der damalige Fraktionschef Wolfgang Schäuble wegen des dubiösen Finanztransfers in die Kritik. Die Grünen sprechen schon von einer „Fall Schäuble“ und fordern Bundestagspräsident Thierse auf, die Sache zu prüfen. Entweder trage Schäuble die politische Verantwortung dafür, dass er seinen Apparat nicht im Griff hatte, oder er sei an dem gesetzwidrigen Verschieben von Geldern beteiligt gewesen, sagt der rechtspolitisch Sprecher der Grünen, Volker Beck. Auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans Georg Wagner glaubt, dass Schäuble von dem Transfer gewusst habe.
Hörster sagte gestern, Schäuble sei über die Abwicklung des Transfers nicht informiert gewesen, sondern habe nur von der Auflösung des Kontos gewusst. Alles notwendige habe er mit Terlinden geklärt. Wohlgemerkt, der war Abteilungsleiter im Konrad-Adenauer-Haus. Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, die mit Hörster im Fraktionsvorstand saß und sitzt, blieb angeblich außen vor. Doppelt merkwürdig. Denn rein formal muss der Fraktionsvorstand über die Kontoauflösung informiert gewesen sein. Wieso hat Baumeister das Geld nicht auf dem offiziellen Parteikonto vermisst? Karin Nink
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