Themenläden und andere Clubs: Monster
Herr Pitbull geht zu Kaiser’s und kauft ein
Alleine traue ich mich ja kaum noch auf die Straße. Überall wimmelt es von unangeleinten, hemmungslosen Hunden, die einem im günstigsten Fall nur zwischen den Beinen rumschnüffeln. Widerlich ist das. Nirgendwo kann man die Straße entlanggehen, ohne sich bedroht zu fühlen.
Gestern war es besonders schlimm. Mir blieb keine andere Wahl, ich musste raus, einkaufen. „Solange du wachsam bist, passiert dir nichts!“, habe ich mir immer wieder gesagt und mich mit zittrigen Knien auf den Weg gemacht. Meine Augen wanderten von links nach rechts. „Solange du wachsam bist, passiert dir nichts!“, habe ich gemurmelt und die Augen bis zum Anschlag aufgerissen. Und schon ist es wieder passiert. Direkt vor mir stürmt ein riesiger Husky aus dem Hauseingang. Gefolgt von seinem verpennten Herrchen.
„Einfach ganz langsam hinterhergehen!“ Aber ständig blieben die beiden Horrorgestalten stehen. Hundchen schnüffelte und pinkelte. „Dann überhole ich eben im großen Bogen!“ In gebührendem Abstand bin ich an der Bestie vorbei. Und gerade, als ich mich vor ihnen auf dem Bürgersteig einreihe, springt dieser miese Köter an meinem Rücken hoch. Grässlich! Vor lauter Schreck hüpfe ich natürlich auf die Fahrbahn. Und da kommt auch schon zu meinem Entsetzen eine Tram mit ziemlicher Geschwindigkeit auf mich zu. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es wieder auf den Bürgersteig und höre das dreckige Lachen vom Hundebesitzer und das heisere Gebell vom Mörderhund. „Einfach weiter! Nur nicht umdrehen! Der hetzt sonst noch seinen Köter auf dich!“
Eilig bin ich bei Kaiser’s reingeschlüpft und habe erst mal tief durchgeatmet. „Zum Glück sind hier drinnen keine Hunde erlaubt!“ Von wegen! Als ich meinen Hort der Sicherheit wieder verlassen will, steht mir ein riesiger Pitbull gegenüber. Im Laden! Direkt hinter den Kassen! Und niemanden stört es. Alle packen weiter seelenruhig ihre Einkäufe in die Tüten. Dieser vierbeinigen Waffe wurde es einfach gestattet, zwischen den Einkaufswagen herumzuschnüffeln. „Schönen Dank auch! Da quetsche ich mich jetzt aber nicht dran vorbei. Lieber kaufe ich den halben Bäckerstand leer, bevor ich mir den Arm abreißen lasse!“
Ganz unauffällig habe ich mich vor den Backwaren aufgebaut. Schließlich will man ja nicht, dass den anderen Herrschaften auffällt, dass man fast ohnmächtig vor Angst wird. Eine Stunde war schon vergangen, seit ich von zu Hause aufgebrochen war. Irgendwie wäre ich gerne mal zurückgekehrt. Schließlich hat man ja noch andere Sachen zu tun, als sich bei Kaiser’s rumzudrücken. Endlich war Herr Pitbull verschwunden und ich machte mich wieder auf den Weg. Kurz vor meiner Haustür, ich bin schon wieder etwas entspannter, rast ein wild gewordener Schäferhund auf mich zu. „Jetzt reicht es aber!“ Meine Einkaufstüten fallen zu Boden, und ich klettere aufs nächste Autodach. „Ihr fiesen Monster! Lasst mich endlich in Ruhe!“ Da saß ich nun, und der verschissene Köter schnüffelte in meinen Einkäufen. Bis der Besitzer angehumpelt kam und mit seinem Viech weiterzog.
Kein Wort der Entschuldigung. Reines Amüsement spiegelte sich in seiner Visage wieder, als er mich auf dem Autodach sitzen sah. Wirklich, Freunde, so macht Einkaufen keinen Spaß! Wann fällt den Hundebesitzern endlich mal auf, dass nicht alle so eine Freude an ihren Beißgeräten haben? Solange sich an dieser gefährlichen Situation nichts ändert, werde ich mein Essen per Internet bestellen! Ich schwöre es!
Alexa Hennig von Lange
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