: Chinas Kirche düpiert den Papst
Pekinger Bischofsweihe erschwert Annäherung an den Vatikan
Berlin (taz) – Chinas regierungsnahe „patriotische“ katholische Kirche hat wieder einmal ihre Unabhängigkeit vom Vatikan unterstrichen, indem sie gestern in Peking fünf eigene Bischöfe weihte. Die Zeremonie in der Pekinger Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis war ein Affront gegenüber Papst Johannes Paul II., der gestern im Petersdom seinerseits zwölf Bischöfe weihte. Die Chinesen kamen dem Papst, dem eigentlich die Bischofsweihe alleine obliegt, um wenige Stunden zuvor. Sie signalisierten damit zugleich, dass eine Annäherung zwischen dem Vatikan und der Regierung in Peking in nächster Zeit nicht zu erwarten ist. Der Vatikan hatte mit „Verwunderung und Enttäuschung“ auf die Ankündigung Pekings reagiert, dort am gleichen Tag wie in Rom die Bischöfe in ihr Amt einzuführen. Die gestrige Zeremonie in Peking fand nach Agenturberichten unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Die Volksrepublik China und der Vatikan unterhalten seit 1951 keine diplomatischen Beziehungen. Damals weigerte sich Peking, die Hoheit des Papstes über Chinas Katholiken anzuerkennen. Denn die Kommunisten und der Papst sind sich darin einig, dass sie keine anderen Götter neben sich dulden, die sie nicht selbst kontrollieren. Jetzt aber sieht der sieche Papst die Normalisierung der Beziehungen zur Volksrepublik als seine letzte große Aufgabe an und dürfte dabei auch nach Missionierung des Milliardenvolkes schielen. Mit der schleichenden Abkehr der Bevölkerung vom Kommunismus herrscht in China ein spirituelles Vakuum, das der Papst nicht allein Sekten wie Falun Gong überlassen möchte. In den vergangenen Monaten hatten Medien über Geheimverhandlungen zwischen Peking und dem Vatikan spekuliert.
Chinas Katholiken sind gespalten. Die pekinghörige „patriotische Kirche“ hat nach eigenen Angaben 70 Bischöfe und vier Millionen Mitglieder. Die vatikantreue „Untergrundkirche“ zählt nach Angaben aus Rom acht Millionen. Gerüchten zufolge soll es auch einige Überschneidungen geben, die selbst einige Kirchenführer betreffen sollen.
Die Annäherung zwischen dem Vatikan und Peking wird durch die Taiwanfrage erschwert. Denn der Vatikan ist neben Makedonien der einzige europäische Staat, der die international isolierte Inselrepublik anerkennt. Sven Hansen
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