AKW in Frankreich überschwemmt: Zwei Pumpen überlebten die Flut
Berlin/Bordeaux (taz/AFP) – Der Sturm Lothar zog an Weihnachten übers Land und zog eine Schneise der Verwüstung durch Frankreich und Süddeutschland. Die riesigen Sachschäden waren sofort sichtbar. Nicht ganz so bekannt ist ein Detail aus der Nähe von Bordeaux, genauer gesagt bei Blaye. Das Weinstädtchen am Nordrand der breiten Gironde-Mündung hat in Sichtweite die vier Druckwasserreaktoren des Atomkraftwerks Blayais mit einer Leistung von je 900 Megawatt, betrieben vom staatlichen Strommonopolisten Électricité de France (EdF).
Die vier Reaktoren stehen direkt an der Gironde, wo sie ihr Kühlwasser auch hineinleiten. Als der Sturm am 28. Dezember die Wassermassen vom Meer in die breite Gironde-Mündung drückte, stieg der Wasserpegel und überflutete einen Teil der Reaktorgebäude.
Durch die Flut wurde ein guter Teil der Sicherheitstechnik des AKWs lahmgelegt. Am Morgen fiel die Hälfte der Kühlpumpen aus, berichtete ein Reporter der Regionalzeitung Sud-Ouest am 5. Januar. Ein Teil des Notkühlsystems fiel ebenfalls den Fluten zum Opfer.
Bei einem Reaktorblock funktionierten schließlich noch zwei der vier Pumpen. Ohne sie wäre der Reaktorkern geschmolzen und der Größte Anzunehmende Unfall, der GAU, eingetreten. Das heißt noch nicht Tschernobyl, aber wohl ein Unfall wie im US-amerikanischen Harrisburg, bei dem auch Radioaktivität in die Umgebung gelangte – bei Sturm lassen sich damit beliebige Katastrophen ausmalen.
Zwei der vier Reaktorblöcke müssen vorerst ausgeschaltet bleiben, so die zuständige staatliche Präfektur Anfang Januar. Auf die Frage, warum denn solche Jahrhundertfluten nicht schon bei der Konstruktion berücksichtigt würden, meinte ein Experte vor Ort: „Man kann sich irren. Die Konzeption muss noch einmal überprüft werden.“ rem
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