Die Volksuni ist tot, es lebe die Volksuni light

■ Nachdem das linke Bildungs-Event im vergangenen Jahr erstmals ausfiel, fand am Wochenende ein Workshop statt. Doch die Krise der traditionellen Veranstaltung ließ sich auch da nicht verbergen

„Die alte Volksuni ist tot. Aber sie kann in neuer Form wieder auferstehen.“ Der Ostberliner Theologe Heinrich Fink war nicht der Einzige, der beim Volksuni-Workshop im Berliner DGB-Haus Zuflucht zu biblischen Metaphern nahm. Kurz zuvor hatte bereits die feministische Soziologin Halina Bendkowski beklagt, dass sie die Volksunis der vergangenen Jahre wegen ihrer politischen Harmlosigkeit an linke Kirchentage erinnert hätten.

Kein Zweifel, die Anfang der 80er-Jahre gegründete Volksuni ist mit dem Verschwinden der neuen sozialen Bewegungen in eine Existenzkrise geraten. Die TeilnehmerInnenzahlen sanken, die Themenauswahl schrumpfte, und von der Volksuni 98 blieb ein Schuldenberg zurück. Nachdem sie im letzten Jahr ganz ausgefallen war, glaubten KommentatorInnen schon das Ende eines weiteren linken Projekts vermelden zu können. Doch ein Kreis von MitarbeiterInnen und SympathisantInnen will dem Bildungs-Event neues Leben einhauchen und lud zum zweitägigen Workshop. Gibt es unter Rot-Grün noch Bewegungen von unten, die die Volksuni für ihre Arbeit nutzen können?, lautete die Frage.

War bei der Eröffnungsdiskussion unter der Fragestellung „Politik der ‚Neuen Mitte‘? –Alternativen zu passiven Reform“ der fensterlose DGB-Bildungssaal mit dem Ambiente eines Schulklassenraums noch gut gefüllt, so hatte sich der Raum bei der Abschlussdiskussion, wo es um die Perspektiven der Vernetzung linker Projekte ging, merklich geleert. Dazwischen diskutierte das überwiegend akademische Publikum im Alter zwischen 35 und 45 Jahren in Arbeitskreisen ökonomische, kulturelle und ökologische Themen unter der Fragestellung einer linken Politikfähigkeit. Das Spektrum der als ImpulsgeberInnen fungierenden ReferentInnen reichte von bündnisgrünen PolitikerInnen und GewerkschaftsfunktionärInnen über VertreterInnen der „Ex-Innenstadt!Aktion!Berlin“ bis hin zu einem Aktivisten des Bundeskongresses Entwicklungspolitischer Gruppen (Buko).

Dabei wurden die unterschiedlichen Befindlichkeiten des in die Jahre gekommenen akademischen Mittelstands artikuliert. Von Kulturpessimismus – „Wo soll das bloß hinführen, wenn unsere Kinder statt zu spielen im Internet surfen?“ – bis zum Erkennen des berühmten Lichts am Horizont durch die Massenproteste gegen die Welthandelskonferenz Ende November in Seattle war fast alles vertreten. Sehr präzise formulierte der Redakteur der linken Wochenzeitung Freitag sein Konzept eines Parlaments des Widerstands, das Kritik an der Parteiform nicht mit einer generellen Frontstellung gegen alle Institutionen verwechselt. Das ging manchen, für den die Reformalternative gerade mal beim Jospin-Papier der französischen SozialistInnen endet, denn doch etwas zu weit.

Eine Entscheidung über die Zukunft der Volksuni ist auf dem Workshop noch nicht gefallen. Am 2. Februar wird das Treffen ausgewertet und dann wird Bilanz gezogen, ob ein Fundament für eine Weiterarbeit geschaffen wurde. Ein jahrelanger Volksuni-Insider prognostizierte das Ergebnis so: „Wenn es irgendwie geht, soll es die Volksuni in irgendeiner Form weiter geben.“

Peter Nowak