: Selbst recherchiertes Material bald halbwegs geschützt
Koalition präsentiert den Entwurf für ein erweitertes Zeugnisverweigerungsrecht
Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) will das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten verbessern und vor allem den Schutz selbst recherchierten Materials ausbauen. Einen entsprechenden Referentenentwurf stellte die Ministerin gestern zusammen mit den Abgeordneten Jürgen Meyer (SPD) und Christian Ströbele (Grüne) in Berlin vor.
Nach der bisherigen Rechtslage dient das Zeugnisverweigerungsrecht vornehmlich dem Informantenschutz. Ein Journalist muss nicht sagen, von wem er eine bestimmte Information erhalten hat. Gegenstände, die darüber Aufschluss geben könnten, dürfen nicht beschlagnahmt werden.
Dagegen war bisher selbst recherchiertes Material wie Notizen, Fotos und Filmaufnahmen, nicht geschützt. Große Bedeutung hat dies zum Beispiel bei der Berichterstattung über Demonstrationen. Immer wieder beschlagnahmte die Polizei bei Redaktionen Filmaufnahmen über solche Ereignisse. Da die Journalisten nun ihrerseits in den Ruf gerieten, quasi „Polizeifilmer“ zu sein, wurde sie bei ihrer Arbeit in der Folge auch von Demonstranten behindert.
Journalistenverbände forderten daher schon lange eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts auf selbst recherchiertes Material. Unter der Kohl-Regierung war ein solcher Schritt allerdings nicht durchsetzbar, obwohl die FDP als Regierungspartei dies durchaus unterstützt hätte. In der Opposition konnten sich die Liberalen inzwischen besser profilieren und legten im vergangenen September bereits einen Gesetzentwurf vor, verbunden mit heftigen Angriffen auf die „untätige“ rot-grüne Regierung.
Vermutlich hat das Vorpreschen der FDP die Arbeiten im Justizministerium nicht nur beschleunigt, sondern auch die inhaltliche Messlatte hochgelegt. SPD-Mann Jürgen Meyer betonte gestern stolz: „Unser Entwurf ist eindeutig liberaler.“ Maßstab hierfür ist der Umfang der Ausnahmefälle, in denen selbst recherchiertes Material doch beschlagnahmt werden darf. Nach dem FDP-Vorschlag hatten die Bedürfnisse einer „funktionstüchtigen Strafrechtspflege“ bei einer Vielzahl von Straftaten Vorrang, bis hin zu mittelschwerer Taten wie Bestechung und Bandenhehlerei. Der rot-grüne Referentenentwurf dagegen will Beschlagnahmungen in Redaktionsräumen erst zulassen, wenn wegen eines „Verbrechens“ ermittelt wird. Als Verbrechen gelten Straftaten mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis.
Keine Verbesserung bringt der Gesetzentwurf, wenn die Polizei in den Redaktionsräumen ein so genanntes Bekennerschreiben sucht. Durchsuchungen der taz dienen häufig der Suche nach solchen Schreiben, mit denen politisch motivierte Täter die Verantwortung für ihre Anschläge übernehmen. Zwar geht es hier eigentlich um Informantenschutz, doch sehen die Sicherheitsbehörden solche Bekennerschreiben als „Tatmittel“ an.
Ministerin Däubler-Gmelin kündigte gestern an, dass das Kabinett noch in diesem Sommer einen Gesetzentwurf vorlegen werde. Meyer rechnet allerdings mit „erheblichem Widerstand“ aus der CDU/CSU. Ströbele findet das nicht angebracht: „Also für diesen Entwurf wollen wir nur Lob ernten“, sagte er gestern bei der Vorstellung des Referentenentwurfs.Christian Rath, Jan Rosenkranz
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