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NS-Opfer kritisieren Rechentricks

Verfasser der „Berliner Erklärung“ pochen auf die gesamte Entschädigungssumme und warnen vor Zweckentfremdung

Berlin (AFP/dpa) – Ehemalige Zwangsarbeiter und Überlebende des NS-Regimes haben scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern geübt. In einer gestern vorgestellten „Berliner Erklärung“ mehrerer Überlebender aus verschiedenen Staaten werfen die Verfasser der Bundesregierung vor, einen Teil der zur Entschädigung vorgesehenen zehn Milliarden Mark zweckentfremden zu wollen. So sollten mit dem Geld auch Forderungen aus allen weiteren NS-Verbrechen, in die deutsche Unternehmen verwickelt gewesen seien, abgegolten werden. Dazu gehöre auch die Beteiligung deutscher Banken am Raub jüdischen Vermögens sowie die nie an die Überlebenden und Erben ausgezahlten Versicherungen.

„Der Raub unseres Vermögens hat mit der Entschädigung unserer Versklavung nichts, aber auch gar nichts gemein“, heißt es in der Berliner Erklärung. Auch die geplante Anrechnung bereits gezahlter Leistungen zur Wiedergutmachung, zum Beispiel für Gesundheitsschäden, auf die Summe sei inakzeptabel. Die vereinbarte Summe in Höhe von zehn Milliarden Mark müsse „auf Heller und Pfennig“ an die ehemaligen Zwangsarbeiter ausgezahlt werden, forderte Kurt Goldstein vom Internationalen Auschwitzkomitee Berlin.

Vermögensschäden ließen sich exakt beziffern und müssten von den Schädigern separat erstattet werden, betonten die Verfasser der „Berliner Erklärung“. Für die Überlebenden der NS-Zwangsarbeit werde die ganze Summe von zehn Milliarden Mark benötigt. Lothar Evers vom Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte sagte, die Überlebenden seien in die Erarbeitung des Gesetzentwurfes für die Entschädigung nicht mit einbezogen worden. „Man muss sie fragen, integrieren“, sagte Evers.

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