: Koffer flogen an Hamburg vorbei
CDU-Landesverband legt seine Finanzverhältnisse offen. Parteichef Dirk Fischer: „Es gibt keine schwarze Kassen“ ■ Von Peter Ahrens
Es kommen Zahlen auf den Tisch. Hamburgs CDU-Parteichef Dirk Fischer versucht den Befreiungsschlag. Gestern legte er die Vermögensverhältnisse der Hamburger Christdemokratie offen, um den Eindruck zu vermitteln: Die Hamburger CDU hat keine Geldkoffer erhalten, ist sauber, ärmlich gar: „In Hamburg waren wir nie üppig ausgestattet.“
Ein Gesamtvermögen von 561.000 Mark habe die Partei am Jahresende 1998 zur Verfügung gehabt – da sei das schmucke Parteigebäude am Leinpfad schon eingerechnet. Und mit Spenden sei man nie besonders gesegnet gewesen. Immer am Jahresende, wenn das Abendblatt die Liste der 200 größten Hamburger Unternehmen veröffentlicht, gehe er die Liste durch und kreuze die Firmen an, die an die Partei gespendet haben: „Über 14 bin ich da noch nie hinausgekommen.“ 270.000 Mark habe man an Spenden im Vorjahr kassiert, 80.000 Mark unter dem Soll.
Es habe in Bonn offenbar eine „unterschiedliche Verteilungsgerechtigkeit“ bezüglich der CDU-Landesverbände gegeben, sagt Fischer: „Wer am lautesten gejammert hat, bekam am meisten.“ Und Hamburg habe sich beim Jammern stets zurückgehalten. „Helmut Kohl war immer ein Freund der Hamburger CDU, aber finanzielle Unterstützung ist uns nie zugute gekommen.“ Die bedauernswerte Union in Hamburg sei gar drauf angewiesen gewesen, dass jeder Kandidat bei der vergangenen Bürgerschaftswahl einen Beitrag zur Finanzierung des Wahlkampfes habe leisten müssen. Dass dabei Fraktionsgelder an die Partei geflossen sind, schloss Fischer aus.
Er stritt zudem ab, dass es zwischen ihm und seinem alten Intimfeind, Fraktionschef Ole von Beust, zu einem tiefen Bruch über die Beurteilung der Spendenaffäre gekommen sei. Die Medien sollten „die Zerrissenheit der Partei nicht immer gleich personalisieren“.
Fischer selbst hatte allerdings am vorigen Wochenende die Personaldebatte eröffnet, als er von Beust in Zusammenhang mit dessen öffentlichen Äußerungen zur Affäre „Profilierungsversuche“ vorgeworfen hatte. „Das war ein Schnellschuss von mir“, knickte der Landeschef gestern ein, wohl wissend, dass von Beust mit seiner klaren Verurteilung Helmut Kohls erheblich an Renommee gewonnen hat. Fischer hingegen ist durch sein Erscheinen bei der Kohl-Ehrung in der Handelskammer auch parteiintern unter Beschuss gekommen.
„Den Laden zusammenhalten“ will der Landeschef jetzt und jedem Parteimitglied in Hamburg einen aufmunternden Brief schicken – den auch von Beust unterzeichnet hat. Ihm sei klar, dass die Union auseinanderzubrechen drohe, so Fischer: „Die CDU ist in einer beschissenen Situation.“
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