: Nur Dienstreisen zählen
Raus Anwälte listen 37 Flüge auf. Nicht dabei: Trips an die Nordsee und zur Weinprobe. Auch Österreichs Ex-Kanzler Vranitzky war Gast der WestLB ■ Von Pascal Beucker
Düsseldorf (taz) – Alle Flüge von Johannes Rau mit dem Privatjet-Service der Westdeutschen Landesbank (WestLB) während seiner Amtszeit als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident sollen dienstlich veranlasst gewesen sein. Das haben Raus Anwälte am Montag dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Flugaffäre in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt.
In dem 21-seitigen Schreiben werden tabellarisch 37 Flüge aufgeführt, die von der Landesregierung veranlasst worden seien. Hinzukommen noch sieben bzw. acht Flüge, die von der WestLB veranlasst worden seien und „somit ohnehin stattgefunden hätten“. Nicht in der Liste: ein Flug „in die Nähe von Wittmund“ an die Nordsee, nicht weit von Raus Ferieninsel Spiekeroog, von dem die Pilotenwitwe Sabine Wichmann vor dem Untersuchungsausschuss berichtet hatte. Rau habe von der WestLB gecharterte Maschinen „weder für Urlaubsreisen noch für andere private Zwecke genutzt“, heißt es in dem Schreiben. Ohnehin habe er die Bank-Flugbereitschaft nur dann benutzt, „wenn die Abfolge der von ihm wahrzunehmenden Termine oder andere Gründe dies erforderten“.
Ausführlich wird in dem Schreiben auf einen Trip Raus zum Wiener Opernball im Februar 1995 eingegangen. Zwar habe der SPD-Politiker zusammen mit seiner Ehefrau auf Einladung des damaligen österreichischen Bundeskanzlers Franz Vranitzky an dem Ball teilgenommen. Aber zum einen habe Rau daneben eine Reihe von politischen Gesprächen geführt, und außerdem sei er nicht mit dem Privatjet, sondern mit der Lufthansa geflogen.
Keine besondere Erwähnung findet hingegen ein weiterer Flug nach Wien im Dezember 1988, über den Wichmann anschaulich im Ausschuss berichtet hatte. Nach ihren Angaben sollen die Raus damals zusammen mit WestLB-Chef Neuber und dessen Frau zu einer Weinprobe geflogen sein.
Auch in der Alpenrepublik sorgt die Düsseldorfer Flugaffäre inzwischen für Turbulenzen. Die Wiener Staatsanwaltschaft hat wegen des Verdachts der unzulässigen „Geschenkannahme“ Vorermittlungen gegen Franz Vranitzky aufgenommen. Denn auch der langjährige SPÖ-Chef stieg während seiner Amtszeit als Bundeskanzler immer wieder und gerne in die von der WestLB gecharterten Privatjets.
Während die WestLB bisher eine Stellungnahme zu den Vranitzky-Flügen verweigert, hat der Altkanzler inzwischen eingeräumt, insgesamt elfmal auf Kosten der WestLB geflogen zu sein. Zwei der Privatjet-Flüge seien privat gewesen, die restlichen habe er aus Anlässen absolviert, deren „Wahrnehmung mir seinerzeit jeweils dienstlich/politisch geboten erschien“. Die österreichischen Grünen vermuten, dass Vranitzky der WestLB im Gegenzug beim finanziellen Einstieg in die Bank Austria behilflich war. Heute soll sich der Nationalrat mit den Kanzler-Flügen auf Bankkosten beschäftigen.
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