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Dubiose Markteinführung eines Koch-Buchs

CDU-naher Verlag betrieb vor der Hessenwahl ungewöhnlich teure Werbung für ein Buch von Roland Koch. Verdacht von Parteiwerbung und nicht deklarierter Spende

„Entweder handelt es sich um eine verdeckte Parteispende, oder das Geld kommt aus den schwarzen Kassen der CDU“

Wenn die Weste des hessischen Ministerpräsidenten Koch jemals weiß gewesen sein sollte – jetzt bekommt sie Flecken. Koch steht im Verdacht, die Werbung für sein Buch „Vision 21“ aus dubiosen CDU-Quellen finanziert zu haben.

Die Geschichte: Im November 1998 erscheint das Koch-Buch mitten im hessischen Landtagswahlkampf; verlegt wurde es im „Verlag der Universitätsbuchhandlung Blazek und Bergmann seit 1891“. Der gehört zu 98 Prozent der Frankfurter Hunzinger Information AG, einem der größten PR-Unternehmen Deutschlands.

Die PR-Männer starten für das knapp 200 Seiten dicke Bändchen mit der schmalen Auflage von rund 5.000 Exemplaren eine ungewöhnlich teure Werbekampagne. Neben Zeitungsanzeigen im Wert von 150.000 Mark werden aufwendige Präsentationen in Bonn und Wiesbaden organisiert und Werbeexemplare an Journalisten versandt. Gesamtkosten nach Angaben des Konzernchefs Moritz Hunzinger: über 180.000 Mark.

Zu diesem Betrag addieren sich noch die Kosten für Radiowerbung. Zum Leidwesen der Buch-Promoter weigert sich jedoch der Hessische Rundfunk die Spots auszustrahlen. Der Justiziar des öffentlich-rechtlichen Senders, Conrad Schraube, begründet die Entscheidung mit dem Werbeverbot für politische Aussagen im Rundfunk. Die Landesanstalt für den Privaten Rundfunk schließt sich der Auffassung kurze Zeit später an und verbietet ebenfalls die Ausstrahlung in ihrem Einflussbereich. Niemand will Hunzingers Worten glauben, es handele sich um Werbung für ein Buch. Vielmehr vermuten die HR-Juristen Parteiwerbung für die CDU.

Vor dem Verbot war der „Vision 21“-Spot bereits bei Radio FFH über den Äther gegangen: 71 Spots zu je 30 Sekunden wurden im Dezember 1998 hessenweit ausgestrahlt. Die Kosten für diese Kampagne lagen bei 146.160 Mark. Dies bestätigte der Geschäftsführer von Radio FFH, Hans-Dieter Hillmoth. Geplant war die Schaltung von zusätzlichen 30 Spots im Radio FFH und zusätzlich 31 Schaltungen im HR. Dies hätte Mehrkosten von über 100.000 Mark ausgemacht.

Wer hat die Spots bezahlt? „Der Verleger“, sagt der Sprecher der hessischen CDU, Christian Schnee. Dem widerspricht zunächst Moritz Hunzinger. „Wir haben das Buch bezahlt und die dazugehörenden Anzeigen in den Pflichtblättern.“ Aber mit den Radiospots habe man nichts zu tun gehabt. Die habe die CDU bezahlt.

Vier Tage später ändert der PR-Profi, der nebenbei auch Bundesschatzmeister der CDU-nahen Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) ist, seine Meinung. „Wir haben das bezahlt.“ Damit hätte sich Hunzinger die Werbung für das Koch-Buch weit über 320.000 Mark kosten lassen. In der Frankfurter Rundschau hatte der PR-Mann noch angegeben, lediglich 150.000 Mark für Werbung ausgegeben zu haben. Und Hunzinger war sogar bereit, fast eine halbe Millionen Mark springen zu lassen. Das sind geplante Werbekosten je Buch von weit über 80 Mark, bei einem Ladenpreis von 29,80 Mark. Von diesem Preis bekommt der Verleger maximal die Hälfte. Der Rest geht an den Buchhändler. Das Ganze bliebe also ein schlechtes Geschäft für Hunzinger. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die CDU über 1.000 Exemplare zum Vorzugspreis von 20 Mark gekauft hat. Doch Hunzinger gibt sich zufrieden. Er sieht die Aktion als erfolgreiche Marketingausgabe.

Doch man kann diese Ausgabe auch ganz anders sehen: als nicht deklarierte Spende an die CDU. Von den hohen Werbekosten taucht nichts im Rechenschaftsbericht der CDU auf. Und das müssten sie, meint Professor Martin Morlok, Leiter des Hagener Instituts für deutsches und internationales Parteienrecht. Denn als Spenden gelten auch Zuwendungen aller Art, soweit sie nicht von normalen Mitgliedern geleistet werden können. „Und dazu gehört sicher nicht die Bewerbung eines Politikerbuches in dieser Höhe.“

Die CDU Hessen will davon nichts wissen. Es sei keine Spende gewesen, sagt deren Sprecher Christian Schnee. Vielmehr habe der Verleger ein kommerzielles Interesse verfolgt. Für Alexander Müller, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Hessischen Landtag, ist die ganze Sache hochdubios. Er sieht nur zwei Gründe für ein solches Geschäft: „Entweder handelt es sich um eine verdeckte Parteispende, oder das Geld kommt aus den schwarzen Kassen der hessischen CDU.“ Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Reinhard Kahl, stößt in das gleiche Horn. Es liege der Verdacht nahe, dass es sich um Gelder aus den schwarzen Kassen handele. Er fordert: „Der selbst ernannte Chefaufklärer muss bei sich selber anfangen.“ Koch selbst wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.D. Schraven und M. Murphy

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