: Schöne Worte in Davos
Schäuble bleibt „aus familiären Gründen“ zu Hause. Proteste gegen Wirtschaftsgipfel
Berlin (dpa) – In Davos hat am Donnerstagabend das Weltwirtschaftsforum (WEF) begonnen. Der Schweizer Bundespräsident Adolf Ogi mahnte die rund 3.000 Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft in seiner Eröffnungsrede, sich künftig stärker für das Gemeinwohl einzusetzen. Zwar trage die Globalisierung Früchte. Angesichts des raschen Wandels mache sich aber Unzufriedenheit breit, sagte Ogi in einer Anspielung auf die Proteste gegen die Welthandelskonferenz in Seattle im vergangenen Dezember:„Wir hier oben haben Einfluss und Macht. Die Menschen unten haben das Gefühl von Ohnmacht.“ Konzernchefs und Politiker scheinen den Schock von Seattle noch lange nicht verdaut zu haben. Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Mike Moore, gab gestern zu, dass er zwei Monate nach dem Scheitern der WTO-Konferenz immer noch keinen neuen Fahrplan für weitere Verhandlungen zur Handelsliberalisierung hat.
Trotzdem blicken die Herren der Wirtschaft dieses Jahr optimistisch in die Zukunkft. „Es sieht so aus, als gehe es in Europa aufwärts“, sagte WEF-Gründer Klaus Schwab. Dies dürfte allerdings nicht den Blick auf die künftigen Herausforderungen verstellen, etwa die Teilhabe der Entwicklungsländer an der „Internet- und Gentechnik-Revolution“. Das Internet mit all seinen Facetten bildet in diesem Jahr den Themenschwerpunkt des exklusiven Treffens in den Schweizer Bergen.
Die Ausweiskontrollen in Davos sind diesmal besonders streng. Protestgruppen haben für heute eine nicht genehmigte Demonstrationen gegen eine weitere Liberalisierung des Welthandels angekündigt. Heute wird auch US-Präsident Bill Clinton erwartet.
Viele Konzernchefs, die mit dem Hubschrauber nach Davos kamen, merkten von den verschärften Sicherheitsvorkehrungen jedoch nichts. Das ist im Sinne der Verantalter: Der „ungezwungenen Geist von Davos“ soll unbedingt erhalten bleiben.
Rar machen sich dieses Jahr in Davos die deutschen Politiker: Zwar kommt Bundespräsident Johannes Rau am Montag. Doch Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat wegen eines Trauerfalls in der Familie abgesagt, und der von der Parteispendenaffäre gebeutelte CDU-Chef Wolfgang Schäuble will aus „familiären Gründen“ nicht teilnehmen.
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