SPD-Reihen geschlossen hinter Rau

■ Nach den Rücktrittsforderungen von CDU-Vize Wulff stützt der SPD-Vorstandden Bundespräsidenten: Verknüpfung von Privat- und Parteireisen ist politischer Alltag

Berlin (dpa/AFP) – Rücktrittsforderungen gegen Johannes Rau stoßen bei der SPD auf taube Ohren. Der Parteivorstand hat gestern dem Bundespräsidenten den Rücken gestärkt. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagte nach der Vorstandssitzung, es gebe keinen Grund, Rau „mit Rücktrittsforderungen zu überziehen“. Dies seien „Ablenkungsmanöver“ der CDU. Der Vorstand habe Rau sein „volles Vertrauen“ ausgedrückt. Müntefering verteidigte Rau auch wegen der jüngsten Berichte, wonach er die Verbindung von Partei- mit Privatreisen nicht frühzeitig zugegeben hat. Es sei nicht leicht, jahrelang Flüge zurückzuverfolgen. Die Verknüpfung von Dienst- und Parteireisen gehöre zur normalen Arbeit eines Politikers.

Bundeskanzler Gerhard Schröder verurteilte die Forderung des CDU-Vizechefs Christian Wulff und des Hamburger CDU-Chefs Ole von Beust, Rau solle zurücktreten, als „Dreistigkeit“. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, nannte die Debatte um Rau „unverschämt und überflüssig“.

Selbst in Unionskreisen fand die Rücktrittsforderung kaum Resonanz. So hält Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber einen Rücktritt Raus für „nicht sachgerecht“. Der CSU-Vorsitzende sagte: „Die Vorwürfe müssen zunächst einmal aufgeklärt werden, und dann muss Herr Rau selbst entscheiden.“ CSU-Landesgruppenchef Michael Glos warnte vor Vorverurteilungen des Bundespräsidenten: „Der Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten erfordert es, dass alle Beteiligten alles tun, um den Amtsinhaber aus dem Nebel von Verdächtigungen und Vorverurteilungen im Zusammenhang mit der SPD-Flugaffäre herauszuhalten.“ Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins CDU-Generalsekretär Johann Wadephul. Dass Rau das höchste Amt bekleide, verlange von allen die höchste Rücksichtnahme.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle sagte nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei, dass nun alles auf den Tisch müsse. Rücktrittsforderungen lehnte er erneut ab. Wenn die WestLB-Flüge zugegeben und teils bezahlt würden, dann würden die Bürger dies wohl akzeptieren.

Nordrhein-Westfalens Vizeministerpräsident Michael Vesper sagte, er könne nicht verstehen, warum die Anwälte von Bundespräsident Rau zunächst nur Dienstflüge mit der WestLB offen gelegt und erst später die Verbindung mit Parteiterminen eingeräumt hätten. Der Grünen-Politiker nannte die Forderung nach Raus Rücktritt „unverantwortlich“ und verlangte: „Aus dem Fortsetzungsroman muss eine Kurzgeschichte werden.“