: BND-Geld für Portugal und Spanien
Deutsche Parteien sollten mit 30 bis 40 Millionen Mark die Demokratie in den beiden Ländern fördern. Stammen aus diesem Etat CDU-Schwarzgelder? ■ Von Tina Stadlmayer
Berlin (taz) – Stammen die Millionen „unbekannter Herkunft“ der CDU aus dem geheimen Haushalt des Bundesnachrichtendienstes (BND)? Hat auch die SPD irgendwo Geld aus derselben Quelle gelagert? Diese Fragen wurden gestern im Berliner Regierungsviertel heftig diskutiert. Auslöser für die auf den ersten Blick abenteuerlichen, auf den zweiten Blick aber plausiblen Überlegungen war ein Artikel der Süddeutschen Zeitung. Sie berichtete, dass die Regierung unter Helmut Schmidt Mitte der 70er-Jahre den im Bundestag vertretenen Parteien Millionen für politische Aktionen in Spanien und Portugal zuschanzte. Insgesamt sollen von 1974 bis 1982 bis zu 40 Millionen Mark geflossen sein. Das Geld stammte nach Informationen der SZ aus dem geheimen Haushalt des BND und wurde bar an die Parteien übergeben. Nach dem Sturz der portugiesischen Diktatur 1974 und dem Tod des spanischen Diktators Franco 1975 befürchtete die SPD/FDP-Regierung in Deutschland, die Kommunisten könnten in Spanien und Portugal die Macht übernehmen. Deshalb beschloss der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt, die demokratischen Parteien in beiden Ländern zu unterstützen. Die CDU soll die meisten Gelder aus dem BND-Etat bei Banken in Luxemburg und in der Schweiz angelegt haben. Einige der vor kurzem von Ermittlern entdeckten Reisekostenabrechnungen des früheren CDU-Finanzjongleurs Horst Weyrauch sollen damit zusammenhängen. Er war mehrmals für die CDU nach Luxemburg und in die Schweiz gereist.
Möglicherweise haben die Christdemokraten ihre zweckgebundenen Gelder nicht komplett nach Spanien und Portugal weitergeleitet, sondern von den Konten im Ausland ins Parteivermögen fließen lassen. Ebenso ungewiss ist, ob die SPD das Geld vollständig weitergeleitet hat. In ihrem Fall ist nicht einmal klar, wo sie es zwischengelagert hat. Der Präsident des Bundesrechnungshofes war offenbar in die Aktion eingeweiht, konnte aber den genauen Verbleib der Gelder nicht kontrollieren. SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier sagte gestern, „nach den Unterlagen, die mir zugänglich sind“, seien die Millionen sowohl von der CDU als auch von der SPD vollständig ausgegeben worden. Das Geld sei nicht durch die Parteikassen geflossen: „Das ist eine Aktion der Bundesregierung und anderer Regierungen, die damals Spanien und Portugal unterstützt haben. Damit haben wir als Partei nichts zu tun.“
Ganz anders schildert der ehemalige Kanzleramtschef Manfred Schüler die Sache: Die Schatzmeister der Parteien oder ihre Abgesandten seien zu ihm gekommen und hätten das Geld bar kassiert „weil die Empfänger das so wollten.“ Insgesamt sollen von 1974 bis 1982 zwischen 30 und 40 Millionen Mark an die Parteien geflossen sein. SPD und Union erhielten jeweils etwa zwölf Millionen Mark, die FDP weniger.
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Sozialistischen Parteien Spaniens und Portugals von den deutschen Sozialdemokraten und der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wurden. Neu ist allerdings, dass das Geld wohl vom Bundesnachrichtendienst kam. Klaus Kinkel, Chef des BND von 1979 bis 1982, erinnert sich daran, dass bei seinem Amtsantritt die demokratischen Parteien in Spanien und Portugal aus BND-Mitteln unterstützt wurden. Die Zahlungen seien vom Vertrauensgremium des Parlaments genehmigt worden. „Das einzige, was möglicherweise hinterfragbar ist“, so Kinkel, sei, „ob die Parteien das zweckgebundene Geld auch tatsächlich für diese Zwecke eingesetzt haben.“
Im Präsidium der SPD kam das Thema vor wenigen Wochen im Zusammenhang mit der CDU-Parteispendenaffäre hoch. Ein Präsidiumsmitglied erinnerte sich, dass der frühere SPD-Schatzmeister Alfred Nau 1980 dem damaligen Kanzler Schmidt eine Tasche mit über sechs Millionen Mark in die Hand drücken wollte. Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier wurde sofort hellhörig, als ihr Parteifreund die Geschichte erzählte. Sie bat ihren Vorgänger Fritz Halstenberg um Aufklärung. Der schrieb in einem Vermerk vom 23. Januar dieses Jahres: „Alfred hatte mir gesagt, es handele sich um das Ergebnis seiner eigenen, vertraulichen Spendenaktion.“
Woher das Geld stammt, wird wohl eines der vielen Geheimnisse bleiben, die Nau 1983 mit ins Grab nahm. Um mögliche Spuren zu verwischen, ließ Nau zu jedem Jahresbeginn seinen abgelaufenen Terminkalender vernichten. Halstenberg will jedoch „nicht ausschließen“, dass Naus angebliche Spenden aus dem für Spanien und Portugal gedachten Topf des BND stammten.
Nach Recherchen der taz wäre es heute nicht mehr so leicht möglich, dass Gelder aus geheimen BND-Töpfen an die Parteien fließen. Das 1990 in Kraft getretene BND-Gesetz sieht eine strengere Kontrolle der Geheimdienst-Finanzen vor.
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