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Der Handel ist wichtiger als Haider

Ungarn und die Slowakei üben kaum Kritik an Österreichs neuer Regierung. Grund ist die Angst um die guten Beziehungen zu Wien

Berlin (taz) – Die Slowakei und Ungarn, Nachbarn Österreichs und beide Anwärter auf eine EU-Mitgliedschaft, haben zurückhaltend auf die Beteiligung der FPÖ an der österreichischen Regierung reagiert. Anders als in Polen und Tschechien zeigten sich slowakische und ungarische Regierungspolitiker bislang nicht besorgt. Für EU-Sanktionen gegen Österreich tritt weder die christlich-liberal- sozialdemokratische Regierung der Slowakei noch die nationalkonservative ungarische Regierung ein.

Der stellvertretende slowakische Ministerpräsident, Pavol Hamzik, sagte am Dienstag in Bratislava, er wünsche keine Stellungnahmen abzugeben, die das Verhältnis zwischen seinem Land und Österreich belasten könnten. Obwohl einige von Haiders Aussagen unakzeptabel seien, so Hamzik, sei es noch zu früh, um irgendwelche Schlussfolgerungen aus der Regierungsbeteiligung der FPÖ zu ziehen.

Eine Sprecherin des slowakischen Außenministeriums sagte zu Wochenanfang, die Slowakei trete für die Einhaltung der demokratischen Werte ein, die in der EU gelten. Die Beziehungen zu Österreich seien jedoch wegen der engen Handelskontakte zwischen beiden Ländern sehr wichtig.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban zeigte sich am Mittwoch in Budapest „überrascht“ von der harten Kritik der EU an Österreich. Sie widerspreche offensichtlich dem Willen eines Teils der österreichischen Bürger, so Orban. Ähnlich äußerte sich am selben Tag auch Ungarn Außenminister Janos Martonyi. Ungarn teile zwar die Besorgnis der EU, trete aber nicht für Sanktionen gegen Österreich ein.

Der Chef der rechtsextremen und antisemitischen „Ungarischen Wahrheits- und Lebenspartei“, István Csurka, drückte am Mittwoch in Budapest seine „Freude“ über die Regierungsbeteiligung der FPÖ aus. Dies sei ein Durchbruch für alle Parteien, die nationale Interessen vertreten würden. Csurka lobte die ungarische Regierung für ihren zurückhaltenden Standpunkt und verurteilte die Kritik der EU an Österreich.

Während die Slowakei und Ungarn ihre intensiven Handelsbeziehungen zu Österreich nicht belasten wollen und offenbar auch befürchten, dass Österreich ein Veto gegen ihre EU-Mitgliedschaft einlegen könnte, hat Rumänien, ebenfalls Anwärter auf eine EU-Mitgliedschaft, scharfe Kritik an der Regierungsbeteiligung der FPÖ geübt.

Rumäniens Außenminister Petre Roman solidarisierte sich am Montag bei einem Treffen mit dem französischen Außenminister Hubert Vedrine in Paris mit der Position der Europäischen Union gegenüber Österreich. Alles, was Haider anzubieten habe, so Roman, seien demagogische und populistische Rezepte, die Österreichs Bürgern nicht weiterhelfen würden.

Rumänien hat weniger wichtige Handelsbeziehungen mit Österreich als die Slowakei und Ungarn. Überdies ist die Regierung in Bukarest vor allem erbost über mehrfache Aussagen Haiders, denen zufolge Rumänen Taschendiebe seien. Am Mittwoch protestierte Außenminister Petre Roman in Bukarest beim österreichischen Botschafter gegen diese Äußerungen. Keno Verseck

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