: Zu viele Märkte auf dem Markt?
■ Innensenator will Marktplatznutzung einschränken / Der Beirat Mitte sträubt sich und legte eine eigene Nutzungsliste vor
Der Beirat Mitte will einen eigenen Text für eine Verwaltungsvorschrift vorlegen, mit der künftig die Nutzung des Marktplatzes eingeschränkt werden soll. Das Gremium hatte den Entwurf von Innensenator Bernt Schulte (CDU) abgelehnt. Danach sollten außer Freimarkt und Weihnachtsmarkt nur noch „hochwertige Veranstaltungen“ genehmigt werden, die „der besonderen Bedeutung des Platzes angemessen sind“. Dabei sollten neben städtebaulichen Gesichtspunkten auch „Belange des Fremdenverkehrs“ berücksichtigt werden.
Im Beirat hatte dies die Befürchtung ausgelöst, vor allem kleineren, nichtkommerziellen Trägern könnte der Markt als Veranstaltungsort künftig verwehrt werden, während als „hochwertig“ betrachtete kommerzielle Kulturveranstaltungen stattfinden könnten. Auf die Frage, was unter „hochwertigen“ Veranstaltungen zu verstehen sei, nannte Hans Pleister von der Innenbehörde das bisher auf dem Domshof ansässige Musikfest als Beispiel. Das würde allerdings nicht eine Reduzierung sondern eine Ausdehnung der gegenwärtigen Marktnutzung bedeuten. Eine prinzipielle Klärung des Begriffs „hochwertig“ gelang in der vergangenen Beiratssitzung nicht. Der Beirat sah dadurch auch sein eigenes Recht gefährdet, Veranstaltungen auf dem Markt durchzuführen. Wenig Trost spendete da der Hinweis von Henryk Markhoff von Bremen-Marketing auf die vielen anderen Plätze in der Innenstadt. Der Beirat lehnte die Vorlage ab.
Grundsätzlich herrscht aber Konsens, dass Bremens „gute Stube“ inflationär genutzt wird, vor allem durch Verkaufsschauen und Werbe-Präsentationen. Ganz im Sinne des Innensenators forderte Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) in seiner Neujahrsansprache eine restriktivere Genehmigungspraxis. Und auch der Beirat verfolgt in dieser Hinsicht dasselbe Ziel. Deshalb hat das Gremium den Alternativvorschlag erarbeitet, der bereits von SPD, CDU und Grünen unterzeichnet wurde.
Statt „hochwertigen“ sind danach Veranstaltungen genehmigungsfähig, die „das soziale und kulturelle Leben in der Stadt in besonderem Maße widerspiegeln“. Auf den Fremdenverkehr nimmt der Entwurf nicht mehr explizit Rücksicht. Ferner ist vorgesehen, Genehmigungskriterien in Abstimmung mit dem Beirat aus Musterentscheidungen zu entwickeln. Aus dem 2000er Veranstaltungskalender soll ein Anhang zur Richtlinie mit konkreten Sachbeispielen abgeleitet werden.
Schon jetzt ist aber klar, dass es künftig in der Regel keine Promotions- und Verkaufsveranstaltungen sowie Verbandspräsentationen ohne bremischen Bezug geben soll, sagt Beiratssprecherin Ulrike Hiller (SPD). Für Anlässe wie den Karneval oder wohltätige Ereignisse mit klarem Bremer Bezug soll das Schmuckkästchen dagegen weiter zur Verfügung stehen.
Der Entwurf soll vom Beirat in der Februarsitzung verabschiedet werden. Der Innensenator wäre daran allerdings nicht gebunden. Er hatte seinen eigenen Entwurf „freiwillig“ dem Beirat vorgelegt, um politische Unterstützung sicherzustellen.
Von keinem der Verordnungsentwürfe wird indes das Recht auf Demonstrationsfreiheit berührt. Politische Kundgebungen werden nach dem Polizeirecht genehmigt und können nach wie vor auf dem Markt stattfinden. Befürchtungen, durch die neue Verordnung sollte durch die Hintertür eine Bannmeile eingeführt werden, weist das Innenressort zurück: „Sie schränken das Grundgesetz nicht mit einer Verwaltungs-Richtlinie ein“, sagt Sprecher Hartmut Spiesecke. not
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