Was der Ajatollah Chomeini in Paris trieb

Nach mehr als zwanzig Jahren kommt alles an den Tag

Im Februar 1979, unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Exil, ließ der Schiitenführer Chomeini das Vergnügungsviertel von Teheran in Brand stecken. Frauen, die sich unverschleiert auf der Straße zeigten, wurden auf Chomeinis Befehl und im Namen Gottes, des Allbarmherzigen, von fliegenden Standrichtern in Moscheen verschleppt, vergewaltigt, verstümmelt und ausgepeitscht. Und der Ajatollah Chomeini sah, dass es gut war: „Die Hinrichtungen im Islam sind ein Segen Gottes. Wenn man vier Dieben in der Öffentlichkeit die Hände abhackt, dann wird das Rauben aufhören. Wenn man ein paar Prostituierte vor aller Augen auspeitscht, dann wird es keine Prostitution mehr geben“ (zitiert nach Bahman Nirumand, „Iran“, Reinbek 1985).

Wie jetzt ruchbar wurde, soll sich Chomeini aber auch schon vor der Revolution an Peitschenhieben auf Huren delektiert haben – in Paris, seiner letzten Auslandsstation vor der triumphalen Heimkehr. „Chomeini kam jeden Mittwoch“, hat Ende letzter Woche ein Informant der französischen Zeitung Le Canard enchainé bekannt, der 1978 Türsteher des Revuetheaters „Chez ma Cousine“ an der Place du Tertre war. „Wir hatten eine Kellermauer durchbrechen müssen, damit Chomeini unser Lokal unauffällig vom Nachbarhaus aus betreten konnte. Offiziell war Mittwoch Ruhetag. Aber in Wirklichkeit fanden mittwochs gerade die schärfsten Sachen statt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“

Was das für Sachen waren, blieb mehr als zwanzig Jahre lang eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Halbwelt von Paris. Von den Augenzeugen leben nur noch wenige. Die meisten sind bereits in den frühen Achtzigerjahren auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen – beispielsweise der Besitzer des „Chez ma Cousine“, Julien Grémillions, der Ende Juli 1981 in seiner Ferienvilla in Marbella erdrosselt aufgefunden wurde, und sein Geschäftsführer Alain Jouvet, der seit einer im Frühjahr 1983 angetretenen Reise in die Karibik als vermisst gilt.

Von Le Canard enchainé wird das Inkognito des Türstehers gewahrt, denn er muss ebenfalls um sein Leben fürchten. Er hat nicht viel gesehen, aber doch genug, um das Image des Ajatollah Chomeini nachhaltig ramponieren zu können. „Wenn Chomeini kam, mussten wir vorher die Peitschen mit Olivenöl einfetten, damit sie saftiger und lauter knallten“, hat der frühere Türsteher verraten. „Chomeini war ja damals schon ein wenig schwerhörig. Naja, und dann wurden die Mädchen auf die Bühne getrieben. Soweit ich weiß, haben sie das mehr oder weniger freiwillig mit sich geschehen lassen. Es waren in der Regel ältere Modelle, die das Geld brauchten, und Chomeinis Leute zahlten gut, das muss man ihnen lassen! Die Auspeitschungen dauerten normalerweise zwei bis drei Stunden, und es wurde auch ziemlich gesoffen dabei. Vorwiegend Champagner, aber auch Bier und Wein und Likör und Whisky, alles durcheinander. Man hat gemerkt, dass die Herren damit nicht sonderlich viel Übung hatten. Die haben alles wahllos in sich hineingeschüttet, wie die Indianer das Feuerwasser. Und Chomeini fast noch am meisten. Einmal hat er einen Cocktail aus Cola, Rum und Grappa bestellt und sich hinterher im Korridor erbrochen. Ich habe das selber aufwischen müssen, weil wir ja wegen der Diskretion keine Putzfrauen beschäftigen konnten. Aber als ich den Kerl dann einen Monat später im Fernsehen wiedergesehen habe, als Rachegott, mit Turban auf, mitten in den jubelnden Volksmassen, da habe ich mir gedacht, okay, wenn ihr wüsstet, was ich weiß, habe ich mir gedacht, dann würdet ihr diesen schmutzigen alten Mann mit anderen Augen betrachten ...“ Gerüchten zufolge soll es beweiskräftige Filmaufnahmen von den Orgien Chomeinis und seiner Helfershelfer geben. Einiges davon wird möglicherweise schon recht bald im Internet zu sehen sein. Aus dem Iran liegt zur Stunde noch keine amtliche Stellungnahme zu der Affäre vor. Aber dass es zwischen Paris und Teheran zu einer mittelschweren Verstimmung kommen wird, ist abzusehen: Gestern Nachmittag hat der iranische Botschafter Paris verlassen. Er ist von seinen Vorgesetzten zur Berichterstattung nach Teheran einbestellt worden. Was den Redakteuren von Le Canard enchainé und dem bislang noch anonymen Türsteher in Kürze blühen könnte, wenn sie nicht sehr gut auf sich aufpassen, steht im Koran: „Wahrlich, diejenigen, die unsere Verse verleugnen, werden wir im Fegefeuer braten lassen; sooft ihre Haut gar wird, umwechseln wir sie auf eine andre Haut, auf dass sie die Pein kosten. Wahrlich, Gott ist allmächtig und allweise“ (Sure 4,59). Gerhard Henschel