Homos sind vor Hans Eichel gleich

Das Bundesfinanzministerium will schwule und lesbische Paare weitgehend gleichstellen. Das Ehegattensplitting wird es für sie allerdings nicht geben ■ Von Isabelle Siemes

Berlin (taz) – Homosexuelle Paare sollen im Steuerrecht weitgehend mit verheirateten Heteros gleichgestellt werden. Nach einem Konzept des Bundesfinanzministeriums, das der taz vorliegt, sollen eingetragene schwule und lesbische Lebensgemeinschaften sowohl unterhaltspflichtig wie unterhaltsberechtigt sein. Auch beim Erbschaftsrecht werden sie wie Ehepaare behandelt. Das Ehegattensplitting hingegen wird für sie nicht gelten. Dafür soll ein so genanntes Realsplitting für Verbesserung sorgen.

Als „guten Lichtblick“ bezeichnete der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Klaus Müller, das Konzept gegenüber der taz: „Es ist mehr, als wir zu hoffen wagten.“ Noch im Januar war ein Rohentwurf von Justizministerin Herta Däubler-Gmelin zur rechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften von den Grünen scharf kritisiert worden. Der Entwurf aus dem Hause Eichel sei dagegen ein „wichtiger Baustein“ bei der Gleichstellung, betonte Müller. Allerdings entspreche die „steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung durch das Realsplitting“ nicht der „Idealvorstellung“ der Grünen.

Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), begrüßte die Pläne des Finanzministeriums: „Mit den Vorschlägen zur Erbschaftssteuer sind wir völlig einverstanden.“ Bei der Einkommensteuer ginge die Vorlage in die richtige Richung. Im Detail müsse aber noch diskutiert werden.

Nach dem Konzept des Finanzministeriums werden homosexuelle Paare weiterhin nicht als Einheit, sondern individuell besteuert. Jedoch soll der besser verdienende Lebenspartner sein steuerpflichtiges Einkommen „durch einen Unterhaltsabzugsbetrag“ in Höhe von etwa 27.000 Mark mindern können. Diese „fiktive Unterhaltsleistung“ muss dann der Unterhaltsempfangende als Einkünfte versteuern. Dadurch kann die Steuerlast für das Paar insgesamt geringer ausfallen.

Bei der Erbschaftssteuer sollen die eingetragenen Lebenspartner mit Ehegatten gleichgestellt werden „hinsichtlich sachlicher Steuerbefreiungen, Steuerklassen, persönlicher Freibeträge, besonderem Versorgungsfreibetrag und güterrechtlicher Auswirkung“. Die gleichen Regeln wie bei Ehepartnern sollen gelten, wenn homosexuelle Paare sich trennen oder dauernd getrennt leben. Unterhaltsleistungen können entweder als „Sonderausgaben im Wege des Realsplittings“ oder als „außergewöhnliche Belastungen“ vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abgezogen werden. Auch beim Verfahrensrecht soll es keinen Unterschied mehr geben. Gleichgeschlechtlichen Paaren wird ein „Auskunftsverweigerungsrecht“ zugestanden. Auskünfte bei der Steuerbehörde über die Akten des Lebenspartners sollen leichter zugänglich sein.

Das rot-grüne Reformvorhaben muss zunächst den Bundestag passieren. Dann bedarf das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates, in dem die Union die Mehrheit stellt. „Die CDU hat jetzt die Chance, ihre angekündigte Toleranz in der Familienpolitik unter Beweis zu stellen“, erklärt der Grüne Müller. Er appelliert an die Christdemokraten, sich „mitten ins Leben“ zu begeben und mitzuhelfen, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare zu beenden.