: Kein Asyl für Obdachlose
Saga will Terrassenhäuser in St. Pauli abreißen und keine befristeten Zwischenlösungen. „Mieter helfen Mietern“ protestiert ■ Von Gernot Knödler
Vierzehn Frauen und Männer würden befristet in die vom Abriss bedrohten Häuser in der Talstraße auf St. Pauli einziehen. Unterstützt von der Initiative „Ein Stadtteil steht auf“ und vom Verein „Mieter helfen Mietern“ (MhM) demons-trierten die zum Teil wohnungslosen St. PaulianerInnen gestern vor der Saga-Zentrale in Altona. Das städtische Wohnungsunternehmen hatte im vergangenen Jahr den Abriss der sechs Terrassen beantragt. Die Ini und der Mieterverein befürchten, hier würde billiger Wohnraum vernichtet.
Die Saga hatte die rund 100 Jahre alten Häuser lange Jahre verwaltete und im April 1998 von der Stadt gekauft. Von ihr beauftragte Gutachter kamen Anfang 1999 zu dem Schluss, es würde sich nicht lohnen, die Häuser zu modernisieren. Neue, familiengerechte Wohnungen könne man „für den halben Preis“ bauen, sagte Saga-Sprecher Adrian Teetz der taz hamburg.
Bei den Terrassen handle es sich um „Schlichtbausubstanz“. Teile des Untergrundes seien abgesackt; für ihre Größe und ihren Schnitt fänden sich heutzutage kaum mehr MieterInnen, auch seien sie nicht standardmäßig mit Bädern und modernen Heizungen ausgestattet. Zwei der acht Wohnungen seien vom Amt für Wohnungspflege für unbewohnbar erklärt worden.
Auf das Gutachten wollten sich weder die MieterInnen noch der Stadtplanungsausschuss des Bezirks Mitte verlassen. Der Ausschuss hat ein zweites Gutachten ausgeschrieben, für das bis Ende Februar Angebote vorliegen sollen. Kritik von MhM, ihre Experten hätten das erste Gutachten keine halbe Stunde lang einsehen dürfen, wies der Saga-Sprecher zurück: So ein Gutachten könne nur durch ein zweites Gutachten widerlegt werden. Im Übrigen seien die Kernaussagen des ersten Gutachtens öffentlich dargestellt worden.
„Was eigentlich wirklich mit den Häusern ist, wissen wir nicht“, sagt dagegen Mieterin Maren F. Die BwohnerInnen und ihre Verbündeten werfen der Saga vor, sie habe die Häuser bewusst verkommen lassen. „Der Leerstand ist eine Zumutung für die MieterInnen“, sagt Maren F.. Die BewohnerInnen müssen zum Teil Nachbarwohnungen mitheizen, Feuchtigkeit dringt ins Gemäuer, eine geisterhafte Atmosphäre macht sich im Haus breit.
Weil die Saga behauptet hatte, dass es schwer sei, jemanden zu finden, der die Wohnungen auf Zeit mieten wolle, konterte das Bündnis gegen den Abriss jetzt mit einem guten Dutzend Interessenten. „Eine Wohnung, die leer steht, ist nicht wirtschaftlich“, weiß Christiane Hollander von MhM, zumal wenige hundert Meter weiter Menschen auf der Straße säßen. Die Saga wollte davon nichts hören: Sie könne, behauptet Teetz, intakte Wohnungen in anderen Stadtteilen anbieten.
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