: Ein Freispruch wird gefordert
Im Revisionsverfahren der angeblichen Terroristenhelferin Monika Haas geht es vor allem um die geheimen Zeugen
Karlsruhe (dpa/taz) – Monika Haas kämpft immer noch für einen Freispruch. Nachdem sie wegen Beihilfe zur Entführung des Lufthansa-Jets „Landshut“ vor 23 Jahren zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, muss nun der Bundesgerichtshof (BGH) über die von ihren Anwälten eingelegte Revision entscheiden. Haas war wegen Beihilfe zum Angriff auf den Luftverkehr, zur Geiselnahme und zum versuchten Mord verurteilt worden.
Nach Auffassung ihres Hamburger Verteidigers Klaus-Michael Ventzke verstieß die Beweiserhebung des Frankfurter Oberlandesgerichts (OLG) im 1998 zu Ende gegangenen Haas-Prozess gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Monika Haas bestritt am Mittwoch im Revisionsverfahren vor dem BGH erneut den Vorwurf, Waffen und Sprengstoff nach Mallorca geliefert und an das für die Entführung verantwortliche palästinensische Kommando übergeben zu haben.
In ihrem Schlusswort sagte die 51-jährige Haas: „Die Anklage ist falsch, ich war nicht in Mallorca. Das ist ein Konstrukt.“ Vor allem rügte sie, dass ihre Verurteilung auf vielen anonymen Quellen beruhe, die im Frankfurter Prozess von Beamten des Verfassungsschutzes zitiert worden waren. Dagegen könne man sich kaum verteidigen. „Diese Geschichte, die nur noch in geheimen Kanälen verläuft, ist schwer zu packen.“
Das Urteil des OLG Frankfurt wirft auch nach Ansicht des 3. BGH-Strafsenats schwierige Rechtsfragen auf. Nach den Worten des Senatsvorsitzenden Klaus Kutzer muss der BGH prüfen, wieweit es rechtsstaatlich zulässig ist, ein Urteil auf die Aussage eines nicht im Gerichtssaal anwesenden Zeugen sowie mehrerer anonymer Quellen zu stützen.
Hauptbeweis war für das OLG die Aussage des Libanesen Said Ali Slim, eines mutmaßlichen Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad. Er war 1997 in einem Gefängnis in Beirut in Gegenwart von zwei Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) vernommen worden – ohne Beteiligung der Angeklagten oder ihrer Verteidiger, die Zeugen normalerweise mit Fragen konfrontieren dürfen. Als weitere Belege für die Schuld von Haas hatte das OLG zahlreiche anonyme Quellen gewertet, die unter anderem den Flug von Monika Haas nach Mallorca und ihren Aufenthalt in einem Hotel in Palma de Mallorca zur fraglichen Zeit bestätigt haben sollen. Ihre Aussagen wurden über Verfassungsschützer und BKA-Beamte in den Prozess eingeführt. Da sie diese Quellen nicht ohne deren Gefährdung preisgeben konnten, blieb der Verteidigung keine Möglichkeit, sie auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen.
Die Verteidigung sieht darin einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens in der EMRK. Das Verfahren könnte auch grundsätzliche Bedeutung bekommen, wenn ein von den BGH-Richtern in die Diskussion gebrachter Vorschlag künftig zur strafprozessualen Vorgabe gemacht würde. Bei Zeugen, die nach Ansicht der Sicherheitsbehörden geheim bleiben müssen, könnte eine Vernehmung nur durch das Gericht in Betracht kommen, so die Idee. Dabei würde das Gericht vor allem prüfen, ob die Zeugen tatsächlich gefährdet sind oder ob die Geheimhaltung eher dazu dient, Fahndungspannen und Ähnliches zu vertuschen. Ein ähnliches Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht jüngst angeregt, wenn es um die Überprüfung von Verfassungsschutz-Auskünften bei einer Sicherheitsüberprüfung geht. Die Haas-Verteidiger lehnten die Übertragung dieses Verfahrens auf Strafprozesse jedoch ab. Wenn der Zeuge weiter geheim bleibe, habe das Gericht Informationen bekommen, die der Verteidigung unbekannt blieben und daher nicht in Frage gestellt werden könnten.
Mit der Entführung der „Landshut“ im Jahr 1977 wollte ein vierköpfiges palästinensisches Kommando während der Schleyer-Entführung elf Häftlinge der RAF freipressen. Dabei wurde der Pilot erschossen. Christian Rath
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